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Diese Bilder machen süchtig

Mars-Roboter schickt bisher spektakulärste Fotos vom Roten Planeten

Washington (dpa). Nach einer 21-monatigen Anreise hat der kleine Mars-Roboter »Opportunity« erste Panorama-Farbbilder von einem großen Mars-Krater zur Erde geschickt.

Sie sind so spektakulär, dass die NASA hellauf begeistert ist. »Es ist, als stehe man am Grand Canyon und habe die Gelegenheit, von verschiedenen Seiten hinunterzublicken, bevor man hinabsteigt«, schwärmte Forscher James Bell.
Und das alles ist nach seinen Worten erst der Anfang. Die NASA erwartet, dass der Roboter, der seine geschätzte Lebensdauer schon um das Zehnfache überschritten und damit auch die kühnsten Hoffnungen übertroffen hat, den Schlund weiter erkundet und damit der Wissenschaft aufregende neue Einblicke in die Abermillionen lange Geschichte des Roten Planeten beschert. Bell verglich die Aufregung und Spannung unter den Wissenschaftlern mit der Lektüre eines Krimis. »Du liest die ersten Seiten und du wirst süchtig.«
Die Bilder wurden vom Rande des Victoria-Kraters aufgenommen, den »Opportunity« nach einer 9,6 Kilometer langen Fahrt über den Marsboden am 28. September erreichte - eine Weltreise für den Roboter, der gerade mal so groß wie ein Golfcart ist und sich seinen Weg über ein unwegsames Gelände bahnen musste. Mit einer Breite von etwa 800 und einer Tiefe von 60 Metern ist Victoria bei weitem der größte Krater, den der Roboter und sein »Zwilling«, der Rover »Spirit«, seit ihrer Ankunft auf dem Roten Planeten im Januar 2004 besucht haben. »Die beiden haben uns (seit Beginn ihrer Mars-Mission) etwa 160 000 Fotos geliefert«, sagte Bell. »Aber was wir diese Woche erhalten haben, ist sofort in meine Top-Ten-Liste gerückt.«
Die NASA hatte sich den Victoria-Krater als Forschungsobjekt anhand von Fotos ausgesucht, den die Sonde Mars Global Surveyor zur Erde geschickt hat. Sie umkreist den Mars seit 1997. Es ist vor allem die Tiefe des Kraters, die die Wissenschaftler fasziniert. Nachdem die beiden Rover bereits in der Vergangenheit Beweise für die frühere Existenz von Wasser auf dem Mars gefunden haben, versprechen sich die Experten von der Untersuchung der Krater-Gesteinsschichten detailliertere Erkenntnisse.
Dabei geht es unter anderem um die Frage, ob es ständig Wasser auf dem Planeten gab oder nur ab und zu, und wenn Letzteres zutrifft, ob das in erkennbaren Zyklen erfolgte. »Opportunitys« Bilder zeigen den Wissenschaftlern zufolge bisher noch nie gesehene »Muster« in den Gesteinsschichten. Sie wichen deutlich voneinander ab - ein Zeichen dafür, dass die Umweltbedingungen nicht konstant waren, sagte Steven Squyres von der Cornell University.
Die Freude der Wissenschaftler wurde von Aufnahmen gesteigert, die der Mars Reconnaissance Orbiter gemacht hat, eine Sonde, die ebenfalls den Mars umkreist und über die modernste teleskopische Kamera verfügt, die jemals zu einem Planeten geschickt wurde. Die scharfen Fotos aus einer Höhe von knapp 300 Kilometern zeigen den Krater - und »Opportunity« am Rande des Abgrunds.

Artikel vom 09.10.2006