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Beamte zahlen
Schmerzensgeld

Prozess gegen prügelnde Polizisten

Von Jens Heinze
Bielefeld (WB). Zwei Kommissare der Bielefelder Polizei haben einem 35-Jährigen außergerichtlich 2223,76 Euro Schmerzensgeld und Entschädigung gezahlt sowie sich bei ihrem Opfer entschuldigt. Die Beamten sind seit mehr als einem Jahr vom Dienst suspendiert, weil sie am 20. Mai 2005 den Mann auf offener Straße verprügelt haben sollen.

Die Faustschläge und Fußtritte des Polizisten von den Spezialeinheiten und des Ordnungshüters von der Einsatzhundertschaft, die sich damals nicht im Dienst befanden, sondern bei der »OWL-Blaulichtparty« gefeiert hatten, waren ausgerechnet von den eigenen Kollegen beobachtet worden. Ein zweiköpfiges Observationsteam der Polizei hatte in einem Haus in unmittelbarer Tatortnähe Stellung bezogen, um den EC-Automaten der gegenüberliegenden Sparkassenfiliale zu überwachen und war Zeuge der gewalttätigen Auseinandersetzung geworden.
Seit Freitag stehen die Polizisten Ralf K. (38) und Mike S. (34) nun zum zweiten Mal in diesem Jahr vor der Bielefelder Justiz. Bereits am 7. Februar waren sie von einem Schöffengericht wegen gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung zu je 15 Monaten Bewährungsstrafe und je 1500 Euro Geldbuße verurteilt worden.
Diese Urteile hätten, wären sie rechtskräftig geworden, die fristlose Entlassung der Kommissare nach sich gezogen. Deshalb legten die Beamten Berufung gegen die Entscheidung des Schöffengerichtes ein, die Sache wird vor der 6. Kleinen Strafkammer des Landgerichtes neu verhandelt.
Die Vorwürfe von Oberstaatsanwalt Rainer Kahnert sind aber die alten geblieben. Ralf K. und Mike S. sollen am 20. Mai 2005 kurz nach 2 Uhr in der Bielefelder Fußgängerzone Michael D. (35) grundlos verprügelt und auf den am Boden Liegenden eingetreten haben. Das mit Kopfplatzwunde und Prellungen verletzte Opfer war noch für Stunden in eine Zelle gesperrt und bedroht worden, bevor der Mann freigelassen wurde, um sich behandeln zu lassen.
Mike S. räumte ein, dass er und sein Kollege »überzogen« gegen Michael D. vorgegangen seien: »Wir hätten ihn nicht treten dürfen« Gleichwohl hielten die Angeklagten an ihrer Notwehrversion fest - Michael D. habe sie in ein Drogengeschäft verwickeln wollen und sei dann auf sie losgegangen.
Opfer Michael D, konnte vom Gericht noch nicht befragt werden. Der Mann liegt schwer krank im Krankenhaus und ist derzeit nicht vernehmungsfähig. Der Prozess wird am 13. Oktober fortgesetzt.

Artikel vom 07.10.2006