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Die Ökumene ist keine Einbahnstraße

Getrennte Christen müssen sich gegenseitig in Liebe annehmen und aufeinander zugehen

Gemeinsames Gebet bei einer ökumenischen Vesper in Regensburg: Papst Benedikt XVI., der Landesbischof der evangelischen Landeskirche Bayern, Johannes Friedrich und Bischof Gerhard Ludwig Müller (v.r.).

»Absage an die Ökumene« - so lautete eine Titelzeile dieser Zeitung am 13. September 2006. Dazu sei eine Klarstellung notwendig, meint dieser Leser:
Christen hoffen auf Kirchen- und Abendmahlsgemeinschaft. Sie fragen, warum das so lange dauert. Der Papst wird zwar evangelischerseits nicht anerkannt, aber er soll -Ênach Ansicht mancher - Schritte zu mehr Einheit tun.
In der Ökumene geht es um gegenseitige Annahme. Die katholische Kirche hat viele gute reformatorische Anliegen verwirklicht (unter anderem Wortgottesdienst zusammen mit der Eucharistie, korrekte Deutung von »Opfer« als danksagendes Empfangen, gemeinsames Priestertum aller Gläubigen, Kommunion unter beiderlei Gestalten, Muttersprache im Gottesdienst). Bisher waren Lutheraner mit der katholischen (und orthodoxen) Kirche noch in dem verbunden, was das Neue Testament zum Amtsträger sagt: »Lass die Gnadengabe in dir lebendig werden, die dir durch Handauflegung zuteil wurde« (2 Tim 1,6; 1 Tim 4,14) - in der sogenannten Ordination. Doch gemäß dem »Ordinationspapier«, das nun in der Evangelischen Kirche in Deutschland diskutiert wird, reicht auch bloße Beauftragung.
Dazu schreibt ein evangelischer Theologe im Evangelischen Deutschen Pfarrerblatt (im August 2006): Dadurch wird die ökumenische Vereinbarung der Evangelischen Kirche mit der Alt-katholischen und der Anglikanischen Kirche »gebrochen«, dass nur Ordinierte das Abendmahl leiten dürfen. »Die alt-katholisch/evangelische Brücke ist im Begriff einzustürzen. . .  Ähnliches wie für das evangelisch/alt-katholische Verhältnis gilt für die Anglikaner« - und, wie der evangelische Autor bemerkt, auch gegenüber den katholischen und orthodoxen Kirchen.
Die Evangelische Kirche in Deutschland sollte dieses noch bestehende Band nicht abschneiden, da sonst Kirchen- und Abendmahlsgemeinschaft in weite Ferne rücken.
Der Papst kann nicht einseitig Schritte zur Gemeinschaft tun oder gar anordnen. Getrennte Christen müssen sich gegenseitig in Liebe annehmen, aufeinander zugehen -Êin Achtung der Offenbarungswahrheit. Es ist widersinnig, Brückenpfeiler abzubrechen und dann zum Gang über die »Brücke« aufzufordern. Ökumene ist keine Einbahnstraße.

PROF. DR. HEINZ SCHÜTTE33100 Paderborn

Artikel vom 14.10.2006