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Fluggastdaten: Streit beigelegt

USA verzichten auf direkten Zugriff auf europäische Buchungssysteme

Luxemburg (dpa). Alle amtlichen Terrorfahnder in den USA bekommen künftig europäische Fluggastdaten von einer zentralen Stelle. Die Amerikaner verzichten aber auf ihren direkten Zugriff auf die Buchungssysteme der Europäer.

Auf diesen Kompromiss einigten sich Europäische Union und USA am Freitag nach schwierigen Verhandlungen. Deutschland will die provisorische Vereinbarung jedoch nachbessern.
Einige Punkte sollten im endgültigen Abkommen genauer gefasst werden, sagte Justizministerin Brigitte Zypries zu den anstehenden Verhandlungen unter deutschem EU-Ratsvorsitz im ersten Halbjahr 2007. »Mit Sicherheit werden wir die Frage der Speicherfristen zu klären haben, denn die ist meines Wissens jetzt noch offen geblieben«, sagte Zypries.
Mit der Weitergabe der Daten an andere US-Behörden habe die EU eine Kröte schlucken müssen, sagte der Europa-Abgeordnete Wolfgang Kreissl-Dörfler. Der SPD-Innenpolitiker äußerte die Hoffnung, dass dies im endgültigen Abkommen korrigiert werden könne. Die regierungskritische Organisation Statewatch bemängelte, dass der EU Regelungen zur Korrektur falsch übermittelter Angaben fehlten.
Zypries befürwortete Pläne der EU-Kommission, auch eine Passagierdatenbank für innereuropäische Flüge einzurichten. Es mache wenig Sinn, Verbindungen zwischen London und Paris anders zu behandeln als Flüge in die USA. »Insofern halte ich es für vernünftig, das auch zu tun.«
Nach dem Kompromiss vom Freitag verzichtet die Grenzschutzbehörde der USA künftig auf ihren direkten Zugriff auf die europäischen Buchungssysteme. Die Amerikaner dürfen bislang 34 Angaben pro Passagier herunterladen, können dabei nach Expertenangaben aber auch andere Daten - etwa zu Essenswünschen - einsehen. Eine aktive Datenlieferung der Fluggesellschaften solle dieses so genannte Pull-Verfahren ersetzen, sagte EU-Justizkommissar Franco Frattini.
Das künftige Push-System soll Frattini zufolge noch vor Jahresende erprobt werden. Einige Fluggesellschaften lieferten die Daten aber schon jetzt von sich aus, sagte der europäische Chefunterhändler Jonathan Faull. Der Internationale Luftfahrt-Verband IATA und die Lufthansa begrüßten die Einigung. »Das bedeutet Rechtssicherheit für Airlines und Passagiere«, sagte ein Lufthansa-Sprecher. Für die Passagiere werde sich nichts ändern. Der Datenschutz war aber unklar, seit ein Abkommen dazu am Wochenende ausgelaufen war.
Die Fluggesellschaften müssten dem US-Heimatschutzministerium pro Passagier bis zu 34 verschiedene Angaben übermitteln, sagte der europäische Chefunterhändler Jonathan Faull. Das Ministerium könne sie einfacher als bisher an alle Behörden weiterleiten, die den Terror bekämpfen und gewisse Datenschutzbestimmungen einhalten. »Dazu gehört sicherlich das FBI, aber das ist nicht neu.« Der Generaldirektor der EU-Kommission schloss nicht aus, dass auch der US-Geheimdienst CIA die Daten bekomme.
Zu den 34 Angaben gehören unter anderem besondere Servicewünsche. Auch Informationen über nicht angetretene Flüge, die Zahlungsart oder Änderungen der Buchung sind vermerkt. Essenswünsche, die auf die Religionszugehörigkeit eines Fluggastes schließen lassen, sollen wie bisher herausgefiltert werden. Die Zahl der übermittelten Daten ändere sich nicht.
Die Verhandlungen waren nach Faulls Angaben so langwierig, weil die USA ihre Gesetze zwecks besseren Datenaustausches zwischen ihren Terrorfahndern seit 2004 geändert hatten. Das neue Abkommen gilt nur provisorisch bis Ende Juli 2007.

Artikel vom 07.10.2006