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Der Traum von Wimbledon

Nike Junior Tour: Bielefelderin Julia Wachaczyk erreicht das Halbfinale

Bielefeld (WB-star/fbr). Mara Nowak führt die deutsche Rangliste an, Dominik Schulz hatte 2006 noch kein Spiel gegen gleichaltrige Kontrahenten verloren, Kevin Kaczynski ist nationaler Meister. Das alles sind Beispiele, warum beim Finale der bundesweiten Nike Junior Tour in Halle einige der größten deutschen U12- und U14-Tennistalente um den Titel kämpften.

Bei diesen Erfolgen in jungen Jahren wundert es nicht, dass fast alle der 32 »Masters«-Teilnehmer ein Ziel vor Augen haben: Den vielen Siegen auf nationaler Ebene später den internationalen Durchbruch folgen lassen, als Tennis-Profi im Rampenlicht stehen. Das gilt auch für die Bielefelderin Julia Wachaczyk: »Mein Traum ist es, in Wimbledon zu spielen und in der Weltrangliste den Sprung unter die Top 10 zu schaffen.« Die Zwölfjährige zählt zu den größten Nachwuchshoffnungen des TC Blau-Weiß Halle und wird als Mitglied des heimischen Breakpoint-Teams seit drei Jahren professionell betreut. »Früher im Tennisland Dornberg habe ich just for fun Tennis gespielt. In Halle ist das Training vielseitiger. Zudem gibt es hier viel mehr Spieler in meinem Alter.« Die Bielefelderin hat ihren Wechsel in die Lindenstadt zu keiner Minute bereut. Auch Krafttraining und Konditionseinheiten ändern nichts an ihrer Meinung: »Tennis macht mir in Halle noch viel mehr Spaß als früher.«
Die Erfolge sorgen für einen zusätzlichen Motivationsschub. Julia Wachaczyk bekommt Woche für Woche aufgezeigt, dass sich die vielen Übungseinheiten »lohnen«. In der deutschen Rangliste wird sie an Position sechs geführt. Bei zwei internationalen Turnieren schaffte sie den Sprung ins Finale. Und beim »Masters« - ihrem Heimspiel auf Haller Asche - erreichte sie die Vorschlussrunde.
So wichtig auch diese Ergebnisse sein mögen: Die Haller Trainer denken perspektivisch. Für einen dauerhaften Erfolg sind auch andere Faktoren unabdingbar. »Ich soll auf dem Platz Spaß haben, mich gut präsentieren und die Trainingsleistungen umsetzen«, verrät die Linkshänderin die Vorgaben. Will heißen: Nicht nur mutig spielen, sondern auch Fehler akzeptieren, sich benehmen und sportlich verhalten.
Vorsicht »Zickenalarm«: Vielen jungen Spielern fällt es schwer, mit ihrer Enttäuschung umzugehen. Auch in Halle kullerten noch während der Partie die Tränen, gab es unschöne Sprüche und so manchen Ausraster. Julia Wachaczyk schmiss beim Nike Junior Vorrunden-Turnier vor drei Wochen ihren Schläger, und das bei einer deutlichen Führung. Ihre Mutter und Trainer werteten dieses Verhalten als Respektlosigkeit gegenüber der Kontrahentin und holten ihren Schützling vom Platz. »Ich sehe meinen Fehler ein«, hat die Zwölfjährige diese Lektion gelernt. Nach ihrem Auftaktsieg über Luise Intert stand sie sich allerdings bei ihrer Niederlage gegen Stephanie Wagner noch selber im Weg. »Da war sie zu negativ, hat nicht mehr die erforderlichen 100 Prozent an Energie aufgebracht«, nannte Coach Burkhard Riehemann den Hauptgrund für die Niederlage.
Tennis nimmt im Leben des heimischen Ausnahmetalents viel Platz ein. Sie trainiert täglich im Breakpoint-Team. »Es ist natürlich jetzt schwer zu sagen, ob sie den Sprung in das Profitennis schaffen wird. Wir trauen es ihr aber zu. Die Ranglistenpositionen kommen nicht von ungefähr. Sie ist Linkshänderin, ein Vorteil im Damentennis. Sie spielt seit Jahren konstant und sie spielt mutig, sucht schnell den Punkt und wartet nicht ab. Wichtig ist auch, dass sie zu ihrem Spiel steht. In zwei Jahren kann sie in unserem Damen-Zweitligateam mitmischen und sich mit Konkurrentinnen messen, auf die sie auch im Rahmen einer angehenden Profikarriere treffen könnte. Da wäre ein wichtige Erfahrung«, urteilt Breakpoint-Cheftrainer Torsten Liebich über seinen Schützling.
Doch Tennis ist aber längst nicht alles für die Bielefelderin Julia Wachaczyk, die derzeit mit ihren Eltern in ihrem Geburtsland Polen weilt. Noch plant die Schülerin des Max-Planck-Gymnasiums zweigleisig, will sie auch ihr Abitur schaffen. Schule und Tennis lassen sich derzeit gut miteinander vereinbaren. »Vor Klassenarbeiten fällt schon mal eine Trainingseinheit aus«, verdeutlicht die Zwölfjährige mit einem Notendurchschnitt von 1,6 die Prioritäten. Eine vernünftige Sichtweise. Auch wenn alle 32 Talente, die in Halle um Ranglistenpunkte und eine Fahrkarte zum Weltfinale in Spanien kämpften, von einer erfolgreichen Profikarriere träumen: Die wenigsten werden es schaffen - vielleicht sogar keiner von ihnen.

Artikel vom 07.10.2006