06.10.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Rechtzeitige Hilfsangebote an junge Eltern

Nach der Dreifachtötung in Dortmund: Kinderschutzbund NRW setzt auf bessere Prävention

Wuppertal (dpa). Nach der dreifachen Kindstötung einer Mutter aus Dortmund fordert der Kinderschutzbund NRW rechtzeitige Hilfsangebote für werdende Eltern.
»Mütter und Väter müssen möglichst so frühzeitig erreicht werden, dass eine Problemsituation nicht eskaliert«, sagte Geschäftsführer Friedhelm Güthoff. In einer Kurzschlussreaktion seien Möglichkeiten wie Babyklappen, in die Kinder gelegt werden können, oft gar nicht mehr präsent. »Eine Mutter ist dann blind für alles. Da ist nur Panik, Hilflosigkeit und Ohnmacht.«
Am Mittwoch war bekannt geworden, dass eine 26 Jahre alte Dortmunderin ihre drei Kinder in den Jahren 2001 bis 2004 erstickt hatte. Die Frau sitzt in Untersuchungshaft und soll jetzt psychologisch untersucht werden. Es gebe aber bisher keine Anhaltspunkte auf eine psychische Erkrankung, vielmehr handele es sich um eine Standarduntersuchung.
Erst gestern hat eine 38-Jährige in Hessigheim in Baden-Württemberg ihre beiden elf und neun Jahre alten Söhne getötet und versucht, sich zu vergiften. Vermutlich sei die Trennung der Frau von ihrem Ehemann der Auslöser für die Tat gewesen, teilte die Polizei mit. Den Ermittlungen zufolge hatte die Mutter, die nicht in Lebensgefahr ist, die Kinder erwürgt oder stranguliert.
Im Dortmunder Fall hatte die Staatsanwaltschaft den entscheidenden Hinweis bekommen, nachdem die Frau einem Bekannten von der Tötung ihres ersten Sohns erzählt hatte. Die Ermittler prüfen, ob ein Grund für die Taten in den wechselnden Partnerschaften der Frau liegen könnten.
»Wechselnde Beziehungen allein sind kein Grund«, sagte Güthoff vom Kinderschutzbund. Frauen könnten allerdings zwischen dem Wunsch nach einer Partnerschaft und den Forderungen des Kindes zerrissen sein. Das Aussetzen oder die Tötung von Kindern sei eine nicht zu entschuldigende Reaktion auf eine besondere Herausforderung wie eine ungewollte Schwangerschaft oder ein schreiendes, unruhiges Kind. Auch in Armut lebende Familien würden häufig an Grenzen stoßen. Manche Frauen fühlten sich zudem von ihrem Partner allein gelassen. »Es gehört auch zu der Verantwortung des Vaters, nachts aufzustehen und seine Frau zu entlasten«, sagte Güthoff. Ebenso sei das Umfeld der Frau gefragt.
Die Dortmunderin hatte jeweils nach den Taten Rettungskräfte und Angehörige verständigt und gesagt, bei den Kindern habe die Atmung ausgesetzt. »Wenn eine Mutter erzählt, ihr Kind sei erstickt, dann erwarte ich auch von den Nachbarn Anteilnahme und Nachfragen«, sagte Güthoff.

Artikel vom 06.10.2006