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Des Volkes Angst vor falschen Jubelklängen


Bielefeld (WB/mzh). »Wir sind das Volk!«, stellt Christian Blümel sich und seinen Begleiter Harry (»Ich bin hier nur der Fahrer«) Seemann vor. Das Volk packt ein Flügelhorn aus, mit einem Gartenschlauch am Mundstück. Dadurch verdoppelt sich die Rohrlänge des Instruments, »und so kommt vielleicht der richtige Ton heraus«, hofft Blümel.
Das Volk hat Angst vor falschen Tönen. In Bethel nämlich will das »Posaunenwerk in der Ev. Kirche von Westfalen« an diesem Sonntag zum 150. Geburtstag von Johannes Kuhlo einen »vielstimmigen Jubelklang durch die Zeit« (Festtagsmotto) anstimmen.
Harry, der Fahrer, fotografiert. Blümel (53), Theologe und Musiklehrer, Vater von sechs Kindern und einziger Mitarbeiter eines Münsteraner Archivs der »Gesellschaft christlicher Bläserfreunde zur Erforschung und Förderung des Posaunenchorwesens«, blättert in Archivmaterial. Im Foyer des Landeskirchenamts (LKA) am Altstädter Kirchplatz liest er Dr. Johanna Will-Armstrong, der persönlichen Referentin von Präses Alfred Buß, LKA-Pressesprecherin Andrea Rose und den Lokalredakteuren vor, warum Johannes Kuhlo am Sonntag nicht vielstimmig bejubelt werden darf.
Die Historiker und Archivare im LKA, auch die Theologen wissen das längst, denn es steht in vielen Büchern. Blümel klappt den Notenständer zusammen und verteilt ein Faltblatt der Initiative »Aufbruch - anders besser leben«, die sich eine gerechte Weltwirtschaft wünscht. Auch Harry, der Fahrer, verteilt jetzt Zettel, auf denen steht, dass, wer will, sich mit ihm und »zwei bis zehn Einzel-Personen« vor dem Münsteraner Rathaus an regelmäßigen Demos gegen Hartz IV beteiligen kann.

Artikel vom 06.10.2006