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Übersetzer legen alles offen

»Bibel in gerechter Sprache« des Gütersloher Verlagshaus vorgestellt

Frankfurt/Main/Gütersloh (dpa). Hektische Betriebsamkeit auf der Buchmesse. Erneut drängten sich tausende Menschen in den Hallen. Dutzende Autoren und Prominente präsentierten ihre Werke an den Ständen. Bemerkenswert ist eine neue Bibelübersetzung, die gestern vorgestellt wurde.

Die »Bibel in gerechter Sprache« ist von 52 Theologen in fünfjähriger Arbeit übersetzt worden, wie die Projektkoordinatorin Hanne Köhler sagte. Durch das Buch ziehe sich das Thema Gerechtigkeit wie ein roter Faden. Dabei hätten die Übersetzer die soziale Gerechtigkeit, die Geschlechtergerechtigkeit und die Ergebnisse des christlich - jüdischen Dialogs berücksichtigt. Für die Entstehung der 2400 Seiten dicken Bibel hatte die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) eine Stelle für die Koordination der Arbeit geschaffen.
Deren Kirchenpräsident Peter Steinacker wies darauf hin, dass das Projekt von Anfang an auch kritisch begleitet worden sei. Das sei ein ganz normaler Vorgang. Wichtig sei, dass die Bibel ins Gespräch komme. Die Übersetzung sei eine Einladung, mit den Texten zu arbeiten. Gleichzeitig wies Steinacker darauf hin, dass er persönlich weiter die Lutherbibel liturgisch nutzen werde. »Ich möchte nicht die Lutherbibel durch diese Bibel ersetzen.«
Im Übersetzerteam waren neben evangelischen Theologen auch etwa 10 katholische vertreten. »Es ist eine wissenschaftlich verantwortete Übersetzung«, sagte Verleger Ralf Markmeier vom Gütersloher Verlagshaus. Es sei eine Bibel für Entdecker. Die Startauflage von 20 000 Exemplaren sei schon zu knapp zwei Drittel verkauft.
Theologieprofessor Frank Crüsemann, einer der Übersetzer, sagte, die »Bibel in gerechter Sprache« biete zum Beispiel für Gott mehrere Interpretationsmöglichkeiten. Das Team habe lange gerungen, wie der Name Gottes wiederzugeben sei. Er werde nicht mehr nur als »Herr« bezeichnet. Angeboten würde auch »der Ewige«, »der Lebendige« oder das hebräische »Adonaj«. Es sei aber anhand eines Glossars für jeden Leser nachzuvollziehen, wie sich das Übersetzerteam entschieden habe: »Wir legen das offen.« Ähnliches gelte für »Knechte und Mägde«, das aus der mittelalterlichen Ständegesellschaft komme und heute kaum zu verstehen sei. Hier biete die neue Bibel »Sklavinnen und Sklaven« an, was die Abhängigkeit deutlich mache.
Branchenintern standen gestern auf der Bücherschau zwei neue Trends im Blickpunkt: Das Geschäft mit gebrauchten Büchern in Deutschland nimmt rapide zu. Darüber machen sich der Buchhandel und Verlage Sorgen, wie auf einer Podiumsdiskussion deutlich wurde. Außerdem etablieren sich immer mehr Geschenkartikel und Spielwaren im Sortiment der Buchhandlungen. Für diese indes kann dies ein lukratives Nebengeschäft werden.

Artikel vom 06.10.2006