06.10.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Fondsstart wird auf 2009 verschoben

Der Kompromiss der Großen Koalition enthält eine Fülle von Details

Berlin (dpa). Zur Umsetzung ihrer geplanten Gesundheitsreform hat die Koalition einen Kompromiss mit einer Fülle von Details getroffen. Die Einigung im Überblick:

GESUNDHEITSFONDS: Hier sollen die Beiträge von Arbeitnehmern und - gebern gesammelt werden sowie Steuergelder für die gesetzlichen Krankenkassen. Die Kassen erhalten für jeden Versicherten einen einheitlichen Betrag. Ursprünglich war der Fondsstart für 2008 geplant, dann für Mitte 2008. Jetzt wurde er auf den 1. Januar 2009 verschoben. Umfangreiche Strukturreformen sollen weiter zum 1. April 2007 in Kraft treten. Die systematische Steuer-Teilfinanzierung des Gesundheitswesens soll 2008 beginnen: mit 1,5 Milliarden Euro.

ZUSATZBEITRÄGE: Wenn Krankenkassen mit dem Geld aus dem Gesundheitsfonds nicht auskommen, können sie Zusatzbeiträge allein zu Lasten ihrer Versicherten verlangen. Die SPD setzte sich durch mit ihrem Beharren auf der Obergrenze von einem Prozent des Einkommens. Anders als geplant wird aber nicht das gesamte Haushaltseinkommen zu Grunde gelegt, sondern nur das beitragspflichtige. Dieses umfasst etwa keine Miet-Einnahmen. Bis zu einem Zusatzbeitrag von acht Euro im Monat soll es keine Einkommensprüfung geben. Oberhalb dieser Grenze gilt die Ein-Prozent-Klausel für den Gesamtbeitrag.

RISIKO-AUSGLEICH: Von Anfang 2009 an sollen zwischen den Kassen finanzielle Risiken ausgeglichen werden, die durch die unterschiedliche Verteilung von Kranken entstehen. Für 50 bis 80 Krankheiten werden Zuschläge ermittelt. Dies soll Wettbewerbsnachteile für Kassen mit vielen chronisch Kranken vermeiden. Die Union wollte einen weniger umfangreichen Ausgleich.

REGIONALE FINANZSTRÖME: Bayern fürchtet einen 1,7 Milliarden Euro-Aderlass seiner Kassen an Versicherungen in »ärmeren« Regionen. In geringem Maß wären auch andere Länder betroffen. Grund ist der Einkommensausgleich durch den Fonds, da Krankenversicherungsbeiträge weiter prozentual von Einkommen erhoben werden, die Kassen aber Einheitsbeträge bekommen. Wenn doch große Verluste einzelner Länder absehbar werden, dann sollen Versicherungen »ärmerer« Länder übergangsweise weniger Geld von »reicheren« bekommen. Zudem soll der Bund mit Steuermitteln aushelfen. Ein entsprechender Stufenplan tritt aber erst in Kraft, wenn die Mehrbelastung der Kassen eines Landes 100 Millionen Euro übersteigt.

PRIVAT-VERSICHERUNG: Die Union setzte Regelungen durch, die die Wechselmöglichkeiten begrenzen. So gibt es keine erweiterten Wechselchancen aus der PKV in gesetzliche Kassen. Wechsel innerhalb der PKV werden zwar erleichtert, da Altersrückstellungen künftig mitgenommen werden können - allerdings nur bis zur Höhe eines neuen Basistarifs. Darüber hinausgehende Leistungen sollen extra versichert werden können. In einer Übergangsfrist (fünf Jahre) können unter 40-Jährige Rückstellungen nicht mitnehmen. Die SPD konnte sich durchsetzen mit Regelungen, die Personen nach Auslandsjahren oder ehemals Privatversicherten die Aufnahme in die PKV ermöglichen sollen. Um einen Basistarif in Höhe von 500 Euro bezahlbar zu machen, muss bei Hilfebedürftigkeit das PKV-System für 250 Euro aufkommen.

STRUKTUREN: Die komplizierten Beziehungen zwischen Kassen, Ärzten und Kliniken sollen erheblich schlanker werden. Jährliche Einsparungen von 1,8 Milliarden Euro sollen drohende drastische Kostensteigerungen durch Alter und technischen Fortschritt abmildern.

Artikel vom 06.10.2006