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»Starke Seiten«
lassen sich in der
Natur entdecken

Biostation bietet Ferienprojekt an

Senne (oh). »Wir wissen, dass viele dieser Kinder keine Gelegenheit haben, draußen zu spielen«, sagt Rudolf Venherm vom Vorstand der Renate Gehring Stiftung. »Aber genau das ist besonders wichtig.«

Deshalb finanziert die Stiftung bereits zum dritten Mal ein Ferienprojekt im Grünen für sozial benachteiligte Kinder. Es findet - in Zusammenarbeit mit dem Fachbereich Soziale Hilfen der zuständigen Behörde in Gütersloh und der Biologischen Station Gütersloh/Bielefeld - zurzeit rund um das Infozentrum im Naturreservat Rieselfelder Windel in Senne statt.
Unter dem Motto »Herbstgestöber luftig-leicht, kunterbunt und schaurig-schön« spielen, basteln, lernen und entdecken die Jungen und Mädchen jeweils einen Tag lang in Gruppen zu etwa 15 Kindern, welche Vielfalt die Natur zu bieten hat. Bei einer Rallye durch die Rieselfelder werden Pflanzen und Tiere in ihrer natürlichen Umgebung beobachtet, Material für Bastelarbeiten, Klanginstrumente, Säge- und Schnitzarbeiten gesammelt.
Gritli Noack-Füller, Diplom-Biologin und zuständig für das Naturpädagogik-Angebot der Biostation, hatte gemeinsam mit Mitarbeiterin Doris Biedermann sowie Wiebke Naujoks und Sophia Halser, die dort beide ein Freiwilliges Ökologisches Jahr absolvieren, ein abwechslungsreiches Programm für die Kinder aus Gütersloh vorbereitet. Dieses war der Biologin in den Vorjahren offensichtlich auch schon sehr gut gelungen. Denn am neuesten Angebot für sozial benachteiligte Kinder und Jugendliche aus der Nachbarstadt, für die dank der Stiftung keine Kosten entstehen, nehmen sogar schon einige junge »Jubilare« begeistert teil.
Zum Beispiel die zwölfjährige Meriman. Sie stammt aus der Türkei und kennt die Rieselfelder inzwischen von den Aktionen 2004 und 2005 recht gut. Auch jetzt hat sie sich wieder gefreut, beim Herbstferientag dabei sein zu dürfen. Eifrig rubbelt sie Wollstränge in Seifenlauge, um sich aus der dann gefilzten bunten Schnur ein Armband zu machen.
Der gebürtige Armenier Gnel (12) ist ebenfalls schon ein »alter Bekannter« - mit seinen zwei Teilnahmen. Doch der zehnjährige Ali toppt sie alle. Er war nicht nur bei jeder der drei Aktion im Naturreservat dabei - er hat die Rieselfelder sogar schon ein viertes Mal besucht: gemeinsam mit seiner Schulklasse. Dennoch gibt es auch für ihn keinen Augenblick der Langeweile. Er schnitzt eifrig an einem Pfeil herum - wichtiges Zubehör für den selbst gebastelten Bogen, den er aus einem Weidenzweig hergestellt hat.
»Gerade für sozial benachteiligte Kinder und Jugendlichen bieten praxisnahe Angebote auch eine Chance, sich abseits vom schulischen Leistungsstress spannenden Dingen zuzuwenden«, erklärt Gritli Noack-Füller. »Denn im Forschen, Werkeln und Spiel wird die eigene Kreativität entwickelt.«
Kinder, die sonst aus den verschiedensten Gründen im Alltagsleben zu kurz kommen, könnten im handwerklichen Tun in einer natürlichen Umgebung ihre »starken Seiten« entdecken. Noack-Füller: »Langjährige Erfahrungen mit Schulklassen und die Herbstferienwochen haben gezeigt, dass gerade verhaltensauffällige Kinder in der Natur engagierte und pfiffige Forscher sind, wenn es darum geht, Tiere aufzuspüren oder Bauwerke aus Naturmaterialien zu erstellen.«
Doch nicht nur die Kinder, auch Stiftungsvorstandsmitglied Venherm ist hoch zufrieden. »Was hier geschieht, sehen wir sehr wohlwollend und fördern es gern«, sagt er. »Denn die mit dieser Aktion angesprochene Zielgruppe ist diejenige, die wir erreichen wollen.«

Artikel vom 06.10.2006