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Nur die Nase hofft auf
eine klare Niederlage

Markus Beyer boxt in Kopenhagen gegen Mikkel Kessler

Von Oliver Kreth
Berlin/Bremen (WB). Der kluge Mann baut vor. Ehe man ihn auf seine doch recht platt geklopfte Nase anspricht, macht Markus Beyer sie selbst zum Thema: »Nach dem Ende meiner Karriere wird das die erste Maßnahme: Ich gehe zum Chirurgen und lasse mir die Nase richten.«

Das Ende könnte schon an diesem Samstagabend kommen. Denn dann kämpft der WBC-Champion im Supermittelgewicht gegen WBA-Weltmeister Mikkel Kessler in der Parken Arena (ab 23.10 Uhr Uhr live in der ARD). Und bei einer Niederlage würde Beyer wohl endgültig den Ring verlassen.
Nicht nur, weil er dann zum dritten Mal seinen Titel verlieren würde - der Mann boxt wettkampfmäßig seit seinem achten Lebensjahr. Beyer: »Diese Schinderei hat doch ihre Spuren hinterlassen.« Nicht nur an der Nase.
Doch noch hatte er die Kraft, sich für diesen großen Fight zu quälen, in Berlin, Kienbaum und Zinnowitz. Immer an seiner Seite: Chefmotivator und Trainer Ulli Wegner. Der attestiert seinem Schützling nach wie vor eine vorbildliche Einstellung. Wegner: »Die Vorbereitung lief ohne Probleme, und ich sah auch, dass es jeden Tag voran ging. Markus ist fit.« Nach dem Grundlagentraining begann bereits am 20. September das Sparring.
Die große Herausforderung ist Mikkel Kessler, der als das Maß der Dinge im Supermittelgewicht gilt. Und wie vor jedem Kampf: Beyer hat Respekt, aber keine Angst. »Ich habe ihn auf Videos gesehen und genau studiert. Und Ulli hat ihn sich live in Dänemark angeschaut. Mein Wissen über Kessler ist recht gut.«
Und die Marschroute haben die beiden auch schon festgelegt, verraten wird sie jedoch nicht. Beyer lächelnd: »Nur eine Strategie wäre gegen einen so kompletten Kämpfer wohl etwas zu wenig. Es gibt also mehrere Wege, die zum Ziel führen können. Sollte ich merken, dass Plan A nicht aufgeht, gibt es noch die Pläne B und C.«
Aber eine Analyse, was seinen Schützling in Kopenhagen erwarten wird, gibt der Trainer ab. Wegner: »Mikkel Kessler ist, obwohl er viele Knockouts in seinem Kampfrekord hat, nicht unbedingt ein Finisher, der sofort draufgeht. Ich denke, er wird sich den Kampf aufbauen wollen, versuchen, Markus zu zermürben. Darauf habe ich ihn vorbereitet.«
Der Gedanken an eine Niederlage ist vielleicht da, gesprochen wird darüber aber nicht. Außerdem haben Wegner/Beyer damit auch schon ihre Erfahrungen gemacht. Aber sie kamen bisher immer wieder.
Bereits in der zweiten Titelverteidigung am 6. Mai 2000 verlor Markus den Gürtel - aufgrund eines technischen Knockouts in der zwölften Runde an Glenn Catley. In den folgenden drei Jahren arbeitete sich der zum Sauerland-Team Gehörende mit acht Siegen wieder in der Rangliste nach oben und bekam einen Titelkampf gegen den WBC-Weltmeister Eric Lucas. Durch einen knappen Punktsieg wurde er am 5. April 2003 erneut Champion.
Am 6. Juni 2004 verlor er den Titel nach einer Punktniederlage an den Italiener Christian Sanavia, konnte den Gürtel aber bereits vier Monate später im direkten Rückkampf durch einen K.o. in der sechsten Runde zurückgewinnen und so zum dritten Mal Weltmeister im Supermittelgewicht nach Version WBC werden.
Beyer gibt sich gelassen: »Ich schaue nur noch von Kampf zu Kampf. Es könnte sein, dass es mein letzter Kampf wird, vielleicht folgen aber auch noch einer oder mehrere. Da lege ich mich jetzt noch nicht fest.«
Anders als zum Beispiel Arthur Abraham hat der in Bremen lebende Boxer schon für die Zeit danach vorgesorgt. Mit seiner Lebensgefährtin Danii hat er die Firma »12rounds« gegründet, die Sportler und Künstler betreut. In allen Bereichen - Internet, Marketing, Sponsoring, PR. Zudem haben die beiden viele Projekte im sozialen Bereich angeschoben. »Buddy Kids ist eins, da arbeiten wir mit Kindern und geben ihnen mit Hilfe von Kampfsporttraining mentale Stärke und Selbstvertrauen. Wir arbeiten auch viel mit behinderten Menschen. Zudem werde ich weiterhin als ARD-Experte im Studio bei Boxen im Ersten präsent sein.«
Einen Trainer Beyer wird es »auf keinen Fall geben. Das ist mir zu stressig«, aber einen Papa Beyer schon. »Danii und ich werden sicher irgendwann heiraten, wenn genug Zeit da ist. Kinder wollen wir auch. Aber unsere Tiere, die Hunde und Katzen werden wir auf jeden Fall auch behalten.« Aber die Nase nicht - die wird operiert.

Artikel vom 14.10.2006