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Ferrari am Boden zerstört

Michael Schumacher hakt nach Motor-K.o. den Fahrer-Titel ab

Suzuka (dpa). Michael Schumacher zeigte Stärke in der Niederlage und versuchte nach dem K.o. von Suzuka, seine niedergeschlagene Ferrari-Crew aufzurichten.

Dabei hätte der Formel-1-Rekordweltmeister nach dem Aus beim Großen Preis von Japan und dem Ende beinahe aller WM-Träume Trost nötig gehabt. Während Titelverteidiger Fernando Alonso nach seinem Sieg von seinem Wagen in die Arme der Renault-Mechaniker hüpfte, erklärte Herausforderer Schumacher die Jagd auf seinen achten WM-Titel zum krönenden Abschluss seiner Karriere für beendet.
»Der Funke Hoffnung, der noch bleibt, auf den baue ich nicht«, sagte der 37-Jährige nach seinem vorletzten Rennen. In Führung liegend war in der 37. Runde der Motor seines Ferraris in Rauch aufgegangen und die Titelchance auf ein Minimum gesunken. »Es ist ein Gefühl großer Enttäuschung«, sagte Teamchef Jean Todt, und Renningenieur Chris Dyer meinte: »Wir sind am Boden zerstört.«
Auch in der Konstrukteurs-Wertung hat Ferrari kaum noch Chancen. Das unter der Woche nach heftigen Verbalattacken von Alonso noch zerstrittene Renault-Team führt nach 17 von 18 Rennen mit 195 Zählern vor der Scuderia (186). »Da gibt es noch Möglichkeiten, sich zu verbessern«, meinte Schumacher und hofft, Ferrari wenigstens einen Titel zum Abschied schenken zu können.
Alles hatte in Suzuka auf einen souveränen Schumacher-Sieg vor Alonso und damit den Showdown am 22. Oktober in Sao Paolo beim 250. und letzten Grand Prix des Rennrentners in spe hingedeutet. »Ich wusste zu Beginn des Rennens, dass wir nicht so gut drauf waren«, sagte Alonso. Zwischenzeitlich sei er mit dem dritten Platz, den er nach seinen Überholmanövern gegen die beiden Toyota-Piloten Jarno Trulli und Ralf Schumacher erobert hatte, schon zufrieden gewesen.
Doch dann sah er die Rauchzeichen bei Schumachers Ferrari: »Ich konnte es nicht glauben, als ich es sah. Als ich realisiert habe, dass es Michael war, habe ich die Faust gemacht. Ich wusste: Das ist meine Chance«, erklärte Alonso, der nach seinem siebten Saisonerfolg und dem ersten Sieg seit drei Monaten mit insgesamt 126 Punkten zehn Zähler Vorsprung auf Schumacher hat.
Dem Kerpener hilft nur noch ein Wunder, um in Brasilien ein Happy-End zu erleben. Dazu muss er in Sao Paolo gewinnen und Alonso ohne Punkt bleiben. »Das ist nicht meine Rechenweise«, betonte Schumacher allerdings.
Alonso selbst, dem in dieser Saison bisher nur in Monza der Motor platzte, bremste jedoch zu große Euphorie: »Dasselbe kann uns in Brasilien passieren. Wir müssen uns maximal konzentrieren«, forderte der 25-Jährige vor seinem letzten Rennen für Renault, ehe er 2007 im McLaren-Mercedes sitzen wird.
»Wir haben heute Glück gehabt, das Schicksal war uns wohl gesonnen. Nach dem, was in den letzten Wochen alles passiert ist, können wir uns des WM-Titels aber noch nicht sicher sein«, betonte auch Technik-Direktor Pat Symonds. Teamchef Flavio Briatore sah einen Akt der Gerechtigkeit: »Es gibt irgendwo einen Gott.«
Noch am frühen Abend stieg er in den Privatflieger Richtung Schweiz. Dort will er sich bis morgen erholen und Kraft bei der Familie tanken, ehe er zu zweitägigen Testfahrten nach Jerez reist. Verarbeiten muss Schumacher den K.o. in der 17. von 18 WM- Runden nach eigener Aussage aber nicht mehr: »Ich habe das schon verdaut. Ich weiß, dass es danach keine Möglichkeit mehr für mich gibt. Die Welt geht nicht unter.«
Dafür dürfte der Stern seines Nachfolgers Alonso weiter aufgehen. In einem lange ereignislosen Rennen raste der jüngste Weltmeister nach 307,573 Kilometern als Erster über die Ziellinie. Nach 1:23:53,413 Stunden hatte der Spanier 16,151 Sekunden Vorsprung auf Schumachers Teamkollegen Felipe Massa (Brasilien). Bester Deutscher war Bruder Ralf Schumacher als Siebter vor Nick Heidfeld im BMW-Sauber. Nico Rosberg blieb im Williams als Zehnter abermals ohne Punkte.

Artikel vom 09.10.2006