05.10.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Regie-Anweisung
aus Rivenich

Toppmöllers Rückkehr mit Georgien

Rostock (dpa). Heimweh nach der Bundesliga spürt Klaus Toppmöller nicht. »Momentan möchte ich nicht zurück. Ich habe einen wunderbaren Job«, betont der 55-Jährige, der an diesem Samstag (20 Uhr/ZDF) als Trainer der georgischen Fußball-Nationalmannschaft gegen Deutschland antritt.

Seit dem 1. Februar betreibt der Ex-Profi und Diplom-Ingenieur in der Kaukasus-Republik sein Projekt Aufbau Ost. In dieser Woche will er in seiner Heimat eine Arbeitsprobe vorlegen. »Ich freue mich, dass meine Leute gegen Deutschland spielen können. Von der deutschen Mannschaft können sie weiter lernen«, sagt der Fußball-Lehrer, der in Georgien einen Vertrag bis Ende 2007 unterschrieben hat und dort 2,3 Millionen Euro verdienen soll.
Ein Drittel des Jahres ist Toppmöller in Tiflis, der Haupstadt des 4,7 Millionen Einwohner zählenden Landes. »Georgien ist sehr schön, mit vielen Weingegenden und sehr sonnig«, schildert der »Trainer des Jahres 2002«, der überwiegend aber weiter im beschaulichen Mosel-Dorf Rivenich lebt. Von dort hat er es auch nicht weit zum georgischen Verbandspräsidenten: Nodar Akhalkatsi wohnt in Heidelberg.
Toppmöllers Start verlief schleppend. Weil es keine FIFA- Abstellpflicht für die Auswahl-Kicker gab, kamen zum Spiel gegen Malta im März keine Akteure der A-Mannschaft. »Da hat man mir eine Truppe zusammengestellt, da habe ich keinen gekannt. Das waren alles Spieler, die in Georgien spielen. Ich war ziemlich down«, erinnert sich der Nachfolger von Alain Giresse trotz eines 2:0-Erfolges ungern an diese Partie. In der EM-Qualifikation heißen die Gegner unter anderen Italien, Frankreich und Ukraine - ein aussichtsloses Unterfangen. Toppmöllers Ziel ist es, »die Großen ein wenig zu ärgern«.
Mit seinem Bruder Heinz Toppmöller und Ralf Minge, schon bei Bayer Leverkusen sein Co-Trainer, trat Toppmöller die Herausforderung am Schwarzen Meer an. » Er macht einen sehr guten Job«, lobt Nationalspieler Lewan Kobiaschwili von Schalke 04, der zu den Leistungsträgern gehört.
»Es gibt sehr gute Fußballer in der Mannschaft, aber es fehlt an den deutschen Tugenden Ordnung und Disziplin«, meint Toppmöller, der nun ein »weitaus angenehmeres Leben« als in der Bundesliga hat. »Als Nationaltrainer kriegt man viel mehr mit, was im internationalen Fußball passiert. In der Bundesliga war ich immer nur Ego für einen Verein und habe mich nur auf den nächsten Gegner konzentriert«, sagt der dreimalige Nationalspieler. Seit seiner Entlassung beim HSV im Herbst 2004 war er in Deutschland von der Fußball-Bühne verschwunden, am Samstag kehrt er für 90 Minuten ins Rampenlicht zurück.

Artikel vom 05.10.2006