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Einigung im Reformstreit?

Gesundheit: Regierung optimistisch - weiter Vorbehalte in der CSU

Berlin (dpa). Der Großen Koalition stehen trotz der angestrebten Einigung im Streit über die Gesundheitsreform weitere Diskussionen um zentrale Details bevor. Die CSU äußerte gestern kurz vor dem Spitzentreffen bei Kanzlerin Angela Merkel erneut Vorbehalte.
CSU-Generalsekretär Markus Söder sagte: »Keine Nacht- und Nebelaktionen so wie bei Rot-Grün - erst müssen die Fakten geklärt werden, dann kann es eine politische Einigung geben.« Söder hielt es nicht für ausgeschlossen, dass sich die Spitzenrunde nochmals vertagt. Die Bundesregierung zeigte sich hingegen optimistisch.
Regierungssprecher Ulrich Wilhelm sagte: »Es gibt den Willen zur Einigung.« Es werde aber noch die Zeit bis Mitte oder Ende Oktober für Beratungen gebraucht. Dann will sich das Kabinett mit dem Gesetzentwurf befassen. Die Ankündigung von CSU-Chef Edmund Stoiber, der Reform wohl nur unter Vorbehalt zuzustimmen, nannte Wilhelm spekulativ. An dem Treffen sollten neben den Partei- und Fraktionsspitzen auch je zwei Gesundheitsexperten von Union und SPD teilnehmen.
Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) sagte: »Ich hoffe und setze darauf, dass wir heute zu einer Einigung kommen können.« Zu Einwänden aus der CSU am geplanten neuen Finanzausgleich der Kassen sagte sie, die gesetzliche Krankenversicherung funktioniere nur als Solidargemeinschaft. »Alle zahlen ihren Beitragssatz, und der wird gerecht verteilt.« Auch die Unions-Fraktionsspitze hielt eine Einigung für möglich. Der SPD-Gesundheitspolitiker Wolfgang Wodarg zeigte sich dagegen skeptisch, dass seine Partei die Verhandlungsergebnisse der Koalition mittragen wird.
Wodarg stellte als SPD-Mitglied im Gesundheitsausschuss des Bundestages bisher gefundene Regelungen der Verhandlungsführer von Union und SPD in Frage. »Für viele von uns ist der Erhalt der Solidargemeinschaft wichtiger als der Erhalt dieser großen Koalition«, sagte er. Die Linie der SPD sei in den Regelungen nicht wiedererkennbar. Er könne sich deshalb »nicht vorstellen, dass meine Partei das mitmacht«.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte zuvor angedeutet, dass sie im Zweifelsfall ein Machtwort sprechen könnte: »Zum Schluss habe ich die Gesamtverantwortung und muss dann schon sagen, wo es lang geht.« Bayern befürchtet, dass dem Land durch den Gesundheitsfonds Verluste in Höhe von 1,7 Milliarden Euro drohen.
Die Koalitionsfachleute hatten sich am Montag auf neue Regelungen zum Finanzausgleich und für die privaten Krankenkassen geeinigt. Ungelöst blieb die Frage der Ein-Prozent-Grenze bei Zusatzbeiträgen zur gesetzlichen Krankenversicherung. Durch den Gesundheitsfonds soll ein hundertprozentiger Einkommensausgleich zwischen den Kassen erfolgen.
Der Chef der Deutschen Angestellten Krankenkasse (DAK), Herbert Rebscher, warf der Regierung vor, die Reform löse keines der akuten Probleme. »Was jetzt vorliegt, ist nicht verbesserbar«, sagte er. Die Zahl von 50 Krankheiten, die nach dem Kompromiss der Koalitionsarbeitsgruppe in den Finanzausgleich der Kassen einbezogen werden sollen, nannte er »völlig willkürlich«.

Artikel vom 05.10.2006