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Pro Kopf jährlich 50 Euro für Strom aus Wind

Windkraftgegner beklagen Subvention -ÊBefürworter verweisen auf ökologische Vorteile -ÊZuschüsse sinken

Von Edgar Fels
Bielefeld (WB). Ausgerechnet der deutschen Windenergie bläst derzeit ein unliebsamer eisiger Wind entgegen.

Weil die Luft seit 2001 schwächer weht als in den 90-er Jahren und die Windausbeute damit um ein Zehntel unter früheren Werten liegt, laufen Gegner der alternativen Energieform wieder einmal Sturm gegen Windparks. Ob sie das in Deutschland politisch gewollte Erneuerbare Energieengesetz (EEG) zu Fall bringen, erscheint aus heutiger Sicht fraglich.
Die Gründe, die die Windkraftgegner nennen, sind vielfältig: Windkraftanlagen seien zu teuer, sie schädigten die Gesundheit (Lärmbelästigung) und verschandelten die Landschaft (Verspargelung). Auch ein anderes wichtiges Argument der Windkraftlobby lassen die Windkraftgegner nicht gelten: dass nämlich Windparks mit dazu beitragen, den Ausstoß umweltschädlichen Kohlendioxides (CO2) aus konventionellen Kohlekraftwerken zu verringern.
»Das ist falsch, denn konventionelle Kohlekraftwerke können gar nicht vom Netz genommen werden«, sagt Rolf Ihsen aus Enger. Der 69-Jährige ist Vorsitzender des 1999 in Herford gegründeten Vereins »Verband für Gesundheits- und Landschutzschutz« (VGL). »Der Anteil des Windstroms am Primärenergie-Verbrauch in Deutschland liegt unter ein Prozent.« Daher könne durch Windenergie kein Kraftwerk eingespart oder abgeschaltet werden, behauptet Ihsen.
Windräder würden nur deshalb aufgestellt und betrieben, weil sie der Staat massiv subventioniere. Ihsen: »Die übrigen Stromerzeuger werden durch das Erneuerbare Energiengesetz - das EEG - gezwungen, den angebotenen Windstrom abzunehmen. Rein rechnerisch zahlten die Verbraucher über ihre Stromrechnung 50 Euro im Jahr für Öko-Strom.
Kopfschüttelnd reagiert der Bundesverband Windenergie (Berlin) auf die Kritik - und präsentiert ganz andere Zahlen. 2005 habe die Wind-
energie fünf Prozent des deutschen Strombedarfes gedeckt und ersetze dadurch Kohle- und Atomstrom, betont Verbandssprecher Matthias Hochstätter. »Dass EON oder RWE deswegen ihre Kraftwerke nicht einmotten, ist klar, aber sie werden weniger Umsatz machen, weil ihnen Marktanteile verloren gehen.« Zudem gehe es nicht ums »Abschalten«, sondern in erster Linie um Ersatz. Das komme auch der Umwelt zugute. Allein 2005 seien 25 Millionen Tonnen CO2 weniger in die Umwelt geblasen worden.
Nach einer Studie der Deutschen Energie-Agentur (Dena) seien mindestens sechs Prozent der installierten Windleistung ständig verfügbar, sagt Hochstätter. »Das sind derzeit etwa 1200 Megawatt entsprechend einem Atomkraftwerk vom Typ Biblis A«.
Ende 2005 standen in Deutschland 17500 Windräder mit einer Leistung von 18500 Megawatt, inzwischen sind es 19000 Megawatt, 2015 sollen es einschließlich der Windparks auf dem Meer (Offshore) 36000 Megawatt sein.
Auf die vom VGL heftig kritisierte Milliarden-Subvention der Windenergie reagiert Verbandssprecher Thomas Hochstätter gelassen. Die Förderung sei notwendig, »da neue Technologien zur Stromerzeugung auf dem oligopolisierten Energiemarkt sonst keine Chance hätten«, sagt er. Zudem müssten internationale Verträge wie das Kyoto-Protokoll und EU-Vorgaben eingehalten werden. Die Mehrkosten des Windstromes durch das EEG betrugen 2005 Hochstätter zufolge 1,2 Milliarden Euro, 2006 werden sie 900 Millionen Euro betragen. Sinkende Vergütungen und steigende Strompreise ließen die Differenz bis spätestens 2015 gegen Null gehen.

Artikel vom 10.10.2006