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Pkw-Zufahrt
zum Haus wird
abgeschnitten

Gehörlosenschule: Wegerecht-Streit

Von Hendrik Uffmann
Bielefeld (WB). 18 Jahre lang war es für Margret Katzer kein Problem, ihr Haus an der Bremer Straße 50 mit dem Auto zu erreichen. Weil eine direkte Zufahrt von der Straße nicht möglich ist, durfte sie einen Weg über das Gelände er Westfälischen Förderschule Sprachen nutzen, die direkt an ihr Grundstück grenzt. Jetzt wurde ihr diese Erlaubnis entzogen. »Eine für mich unmögliche Situation«, sagt die 57-Jährige.

Seit 1970 wohnt Margret Katzer in dem Reihenhaus, das nur der Adresse nach an der Bremer Straße liegt. Der eigentliche Zuweg führt über einen kleinen Stichweg, in dessen vorderem Bereich andere Anwohner ihre Autos abstellen, die letzten 25 Meter zu ihrem Haus führt nur über einen Fußweg. Direkt an ihren Garten grenzt das Gelände der Schule, in der unter Trägerschaft des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) vor allem hörbehindert und gehörlose Kinder unterrichtet werden.
Die Absprache, mit dem Auto von der Bremer Straße aus über das Schulgelände zu einem Carport in ihrem Garten fahren zu dürfen, besteht seit 1988. Und seit dem, so die inzwischen pensionierte ehemalige Stadtwerke-Mitarbeiterin, habe es auch keinerlei Probleme oder Beschwerden von Seiten der Schule gegeben. Im Juni 2005 erhielt sie dann ein Einschreiben vom Landschaftsverband mit dem Widerruf der Genehmigung. »Ich war total erschüttert«, erinnert sich Margret Katzer.
Als Begründung gab der LWL an, dass die Durchfahrt wegen der Sicherheit der Kinder nicht mehr möglich sei. Außerdem solle dieser Bereich des Schulgeländes baulich verändert werden. Schließlich behindere Margret Katzer mit ihrem Auto den technischen Dienst an der Schule. Für Margret Katzer sind diese Argumente nicht einleuchtend. »Oft fahre ich einige Tage gar nicht mit dem Auto. Und der Weg führt nicht direkt über den Schulhof, wo viele Kinder sind, es kam noch nie zu einer gefährlichen Situation.«
Dagegen sei sie dringend darauf angewiesen, mit dem Auto zu ihrem Grundstück zu gelangen - um schwere Einkäufe ins Haus zu bringen und weil sie ihre 80-jährige gehbehinderte Mutter versorge. »Derzeit mache ich die Wäsche für sie und muss deswegen viel Sachen hin- und her transportieren. Und wenn sie ganz pflegebedürftig werden sollte, müsste ich sie zu mir holen«, sagt Margret Katzer.
Nachdem der LWL auf dem Widerruf der Genehmigung beharrte, wandte sich die Bielefelderin an den Petitionsausschuss des nordrhein-westfälischen Landtages. Nach einem Ortstermin im Juli diesen Jahres unterstütze der Ausschuss sie in ihrem Anliegen und bat den Landschaftsverband nachdrücklich, ihr die Zufahrt über das Schulgelände weiter zu ermöglichen. Ohne Erfolg. Seit dem 1. September darf Margret Katzer die Zufahrt nicht mehr benutzen, von November an soll das Tor, durch das sie auf ihr Grundstück fahren konnte, durch einen Zaun ersetzt werden.
Dass diese Entscheidung endgültig ist, bestätigte gestern LWL-Sprecher Karl Donath. »daran wird nicht mehr gerüttelt. Aus Gründen der Sicherheit, und weil jedes Geräusch etwa von einem Auto den Unterricht gerade für hörgeschädigte Kinder besonders stört. Hinzu kommen die Baumaßnahmen, die im November vor der jetzigen Einfahrt zu Frau Katzers Grundstück beginnen sollen.«
Für Margret Katzer bedeutet dies, dass sie ernsthaft überlegt, ihr Haus zu verkaufen. »Obwohl ich es geerbt habe und auch ideell sehr daran hänge.«

Artikel vom 03.10.2006