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»Dicke Puschen« im Schnee
Autos müssen »angepasste Bereifung« für winterliche Verhältnisse haben
»Bei Kraftfahrzeugen ist die Ausrüstung an die Wetterverhältnisse anzupassen. Hierzu gehören insbesondere eine geeignete Bereifung und Frostschutzmittel in der Scheibenwaschanlage.« So steht es unter anderem in der Neufassung der seit dem 1. Mai dieses Jahres geänderten Straßenverkehrsordnung. Fachleute sprechen in diesem Zusammenhang von einer »situativen Winterreifenpflicht«. Was sie bedeutet? Wer bei Schneeglätte mit den falschen Reifen erwischt wird, dem droht ein Bußgeld. Die Mindestanforderung für einen Winterreifen ist derzeit das M+S-Zeichen. »Ein Überbleibsel aus den 50er Jahren, das weder geschützt ist noch eine konkrete Winter- oder -Schneeeigenschaft zum Inhalt hat«, betont Continental-Sprecher Alexander Lührs. Lediglich ein bestimmtes, grobes Profil der Pneus sei damit vorgeschrieben. Das aber haben auch Ganzjahresreifen und die Gummiwalzen für Allradfahrzeuge. Die Reifentypen tragen deshalb ebenfalls die M+S-Prägung.
Der Experte des Reifenherstellers aus Hannover unterstreicht nachdrücklich, dass gerade die gröberen 4x4-Pneus oft für die Fahrt bei Eis und Schnee denkbar ungeeignet seien und ergänzt: »Die Reifenwahl bestimmt die Sicherheit im Straßenverkehr.«
Dem stimmt Holger Lange, Reifenentwickler bei Conti, ausdrücklich zu. Seinen Worten nach ist der speziell entwickelte Winterreifen für die Fahrt auf schneeglatten Fahrbahnen weiterhin die sicherste Entscheidung, für die es keine Alternative gibt.
Leider aber gebe es bislang europaweit keine wirkliche Definition für ein solches Produkt. Lange erklärt, dass neben dem M+S-Signet auch noch eine Schneeflocke (eine aus Nordamerika übernommene Kennzeichnung für Pneus mit hoher Wintertauglichkeit, da die Laufflächenmischung auch bei extremer Kälte weich bleibt) sowie eine Mindestprofiltiefe von vier Millimeter die Kriterien sind, die ein Winterreifen seiner Ansicht nach erfüllen muss. Leider sei in der EU aber in dieser Hinsicht bislang keine entsprechende Regelung zu erzielen gewesen, das M+S-Zeichen daher nach wie vor »unterste Stufe« des Winterreifenstandards.
Während der Verkauf bei Sommerreifen rückläufig ist (minus sieben Prozent in den ersten sieben Monaten dieses Jahres), verzeichnete der Markt der Winter-Pneus im vergangenen Jahr aber ein Wachstum. Der Grund: Viele Fahrer rüsten für den Sommer nicht mehr zurück, fahren die Winterreifen (haben Nachteile auf trockener Straße) weiter oder sind auf Ganzjahresreifen (bringen Nachteile bei Nässe mit sich) unterwegs.
Aufgrund der jeweiligen Schwachpunkte der unterschiedlichen Pneus gibt es für Lange keinen Zweifel: »Die sicherste Wahl ist auf jeden Fall der konsequente Wechsel von Sommer- und Winterbereifung.« Das machen in Deutschland derzeit 53,7 Prozent der Autofahrer.
Bei den Winterreifen geht der Trend unterdessen klar in Richtung »dicke Puschen«. Das Umrüsten auf schmalere Räder im Vergleich zum Sommer ist den Worten Langes zufolge überholt. »Breitere Walzen bringen auch in der kalten Jahreszeit deutliche Vorteile. Sie verkürzen die Bremswege und sichern eine gute Seitenführung. Selbst auf festgefahrenen Schneedecken bieten die Breitreifen mehr Fläche, um Lamellenkanten auszubilden und die Gummi-Schnee-Reibung zu erhöhen«, erklärt der Fachmann von Conti.
Einzig die Traktion im Tiefschnee, der in unseren Gefilden auf den Straßen eher selten vorkommt, sei schlechter. Lange geht aufgrund der technischen Entwicklung sogar davon aus, dass in acht Jahren die Winterreifen breiter sein werden als die im Sommer.
Wolfgang Schäffer

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Artikel vom 07.10.2006