14.10.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Hier setzt kein Staub an
Strategiespiel »Caylus«Êmehrfach ausgezeichnet -ÊDeutscher Spielepreis
Es war einmal . . . das Jahr 1289. Um die Grenzen des französischen Reiches zu befestigen, beschließt König Philipp der Schöne ein neues Schloss zu bauen. Arbeiter und Baumeister strömen heran, und aus dem einst unbedeutenden Fleckchen »Caylus« entwickelt sich im Schatten des wachsenden Schlosses eine reiche Stadt.
Das französische Dorf hat einem der besten Strategiespiele des Jahres seinen Namen gegeben. Trotz des komplexen Regelwerkes, das Gelegenheitsspieler auf den ersten Blick abschrecken mag, ermöglicht die klare Symbolik auf dem Spielbrett auch Einsteigern einen direkten Zugang. Gleichzeitig sorgen die vielfältigen Entscheidungsmöglichkeiten dafür, dass jede Partie anders ist. »Caylus« wird sicher im Regal keinen Staub ansetzen.
Dieser Meinung sind tausende Spielefans in Deutschland, Österreich und der Schweiz: Sie zeichnen William Attias »Caylus«, das von Huch & friends für den deutschen Markt bearbeitete Strategiespiel aus dem französischen Partnerverlag Ystari, mit dem Deutschen Spielepreis 2006 aus. Die intelligente und kurzweilige Spielidee des spannenden Burgen- und Städtebaus im Mittelalter hatte bereits die Jury des »Spiel des Jahres 2006« derart überzeugt, dass sie »Caylus« mit einem Sonderpreis ehrte. Mit dem Deutschen Spielepreis, der bei der weltgrößten Spielemesse, der »Spiel 2006« in Essen, verliehen wird, hat sich das Strategiespiel an die Spitze der Bestenlisten gesetzt.
Caylus entwarf William Attia für all jene, die gerne in die Vergangenheit reisen - als der Besitz von Holz, Stein, Tuch und anderen Ressourcen überlebenswichtig war und das Land von den Vertretern des Königs, dem Seneschall und dem Stadtvogt, kontrolliert wurde. Dem Autoren ist es wunderbar gelungen, dies für das Spielbrett umzusetzen.
Auch in der fernen Zeit müssen die Spieler Regeln beachten: Sorgfältig gilt es mit den beschränkten finanziellen Mitteln umzugehen, taktisch klug Rohstoffe einzusetzen, vorausschauend Reichtum und damit Prestige zu mehren. Und auch beim Bau der Burg können die Spieler nicht nach Herzenslust schalten und walten: Ohne die wirtschaftliche Weiterentwicklung der Stadt am Fuß der Festung kann auch das Schloss nicht fertig gestellt werden.
Eine Spielrunde besteht aus sieben Phasen. In der ersten kassiert der Spieler sein Einkommen. In der zweiten wirbt er gegen Bares Arbeiter an und verteilt sie auf Produktionsgebäude, wo Rohstoffe entstehen und neue Gebäude errichtet werden können. Letztere füllen die chronisch leere Kasse. Entscheidungen -Êetwa für den Einsatz eines Arbeiters oder eines Rohstoffes -Êhaben nicht selten weitreichende Konsequenzen. Hat ein Spieler gepasst, wird es für die anderen in dieser Runde teurer. Spezialgebäude wie Turnierplatz oder Händlergilde verschaffen handfeste Vorteile -Êetwa den Senneschal oder den Vogt zu verschieben. Diese beiden Spielfiguren haben entscheidenden Einfluss darauf, wie schnell das Spiel voranschreitet und welche Gebäude gewertet werden. Arbeiter kann man auch in fremde Gebäude setzen oder ins Schloss. Dort platzierte Arbeiter bringen dem Bauherren neben Prestige in Phase sechs auch die Gunst des Königs. Und das heißt: Prestige, Dinare, Ressourcen oder die exklusiven Nutzungsrechte an Gebäuden.
Anfänger spielen in einer vereinfachten, geübte Taktiker in der anspruchsvollen Vollversion. In jedem Fall greifen alle Regelelemente so ineinander, dass es Spaß macht, unterschiedliche Taktiken zu probieren. Das Spiel endet, wenn das Schloss fertig gestellt ist. In der Gunst des Königs steht derjenige am höchsten, der das meiste Prestige, ablesbar im Punktestand beim Finale, besitzt. Das Spiel eignet sich für zwei bis fünf Bauherren ab zwölf Jahre. Eine Partie dauert bis zu drei Stunden. Die knapp 30 Euro sind gut angelegt. Thomas Lunk

Artikel vom 14.10.2006