18.10.2006
|
U
Sie sagte: »Glückwunsch, Benton«, und wandte sich dann ab, als fürchtete sie, er könnte ihr anmerken, welche Spuren die Anspannung der letzten halben Stunde bei ihr hinterlassen hatte.
Er ging zu dem nächsten großen Felsbrocken, bereitete die Sicherung für Jago vor, hängte das Seil ein, nahm es fest in beide Hände und rief nach unten: »Sie können losklettern.«
K
Mit erstaunlicher Geschwindigkeit war Jago bei ihnen, holte die Seile ein, wickelte sie auf und packte die Ausrüstung zusammen. »Gut gemacht, Sergeant«, lobte er Benton.
Und als er mit der Ausrüstung zum Wagen ging, blieb er plötzlich stehen, drehte sich um und streckte Benton die Hand hin. Benton schüttelte sie. Keiner sagte etwas. Sie warfen die Ausrüstung hinten in den Wagen und stiegen ein. Kate setzte sich hinters Steuer, ließ den Motor an und fuhr zum Haus zurück. Benton betrachtete ihr Gesicht und sah in einem Moment verblüffter Erkenntnis, dass man Kate durchaus schön nennen konnte.
7
Mrs. Burbridge, die sich von der Gefahr durch einen noch nicht gefassten Mörder und eine potentiell tödliche Krankheit abzulenken suchte, indem sie ihren häuslichen Pflichten nachging, erkundigte sich, was sie zum Abendessen wünschten und ob es zum Seal Cottage gebracht werden sollte. Der Gedanke war Kate unerträglich. Sich an den Tisch zu setzen, an dem Dalgliesh gesessen hatte, seinen Regenmantel im Vorraum hängen zu sehen, seine Abwesenheit stärker zu spüren als seine Anwesenheit, das wäre für sie, als ob sie das Haus eines Toten beträte. Ihre Wohnung im Stallgebäude war klein, doch sie würde genügen. Außerdem wollte sie unbedingt nahe beim Haus bleiben und Benton gleich nebenan wissen. Nicht nur weil es praktisch war - sie gestand sich ein, dass es sie beruhigen würde, ihn in der Nähe zu haben. Und mit dieser Erkenntnis kam ihr eine weitere: Er war ihr Kollege geworden und ihr Partner. Sie teilte ihm ihren Entschluss mit.
Benton sagte: »Wenn es Ihnen recht ist, MaÕam, könnte ich meinen Sessel und was wir sonst noch brauchen in Ihr Wohnzimmer schaffen. Dann könnten wir Ihre Wohnung als Besprechungsraum nutzen und meine für die Mahlzeiten. Ich kann ein leckeres Frühstück machen. Und wir haben beide einen kleinen Kühlschrank, wo mindestens Milch reinpasst, dann könnten wir uns Kaffee kochen, falls wir noch spät arbeiten müssen. Die übrigen Räume im Stallgebäude haben übrigens keinen Kühlschrank. Die Angestellten müssen sich alles, was sie brauchen, aus dem großen im Essraum für das Personal holen. Ich habe mit Mrs. Plunkett gesprochen, und sie kann uns etwas Salat und kalten Braten rüberschicken, oder wir holen uns die Sachen ab. Wäre Ihnen ein Uhr recht?«
Kate war nicht hungrig, aber Benton offenbar, und der Lunch, den er schließlich holte, war wirklich ausgezeichnet. Zum Salat und dem kalten Lammbraten gab es Folienkartoffeln und hinterher Obstsalat. Zu ihrer eigenen Verblüffung griff Kate tüchtig zu. Anschließend setzten sie sich zusammen und besprachen die nächsten Schritte.
Kate sagte: »Wir müssen Prioritäten festlegen. Ich schlage vor, wir schränken als Erstes die Zahl der Verdächtigen ein, zumindest nach dem augenblicklichen Stand der Dinge. Jo Staveley hätte Boyde nicht umgebracht, denke ich, und ihr Mann oder Jago auch nicht. Wir gehen schon länger davon aus, dass Mrs. Burbridge, Mrs. Plunkett und Millie nicht in Frage kommen. Damit bleiben also Dennis Tremlett, Miranda Oliver, Emily Holcombe, Roughtwood, Dan Padgett und Mark Yelland. Eigentlich müssten wir auch Rupert Maycroft mit einbeziehen, aber den lassen wir vorläufig mal weg.«
B
Kate sagte: »Konzentrieren wir uns zunächst auf Tremlett, Roughtwood, Padgett und Yelland. Alle vier hatten etwas gegen Oliver, aber was die ersten drei betrifft, stellt sich allerdings wieder dieselbe Frage: Warum ihn erst an diesem Wochenende töten? Und Sie haben Recht, was Dr. Speidel betrifft. Wir müssen ihn noch einmal vernehmen, sobald er wieder gesund ist. Das kann etwas dauern.«
D
Kate seufzte: »Morgen vernehmen wir sie alle einzeln, vielleicht holen wir ja doch noch mehr aus ihnen raus. Wir müssen die angegebenen Zeiten abgleichen.«
Andere Entscheidungen zu treffen erwies sich dagegen als schwieriger. Sollten sie die Verdächtigen auffordern, die Kleidung abzugeben, die sie am Vorabend getragen hatten, um die Sachen mit ins Labor zu schicken, wenn Boydes Leiche und die anderen Beweisstücke abgeholt wurden?
B
»Auf der Badezimmerarmatur und in der Dusche von Chapel Cottage könnten Fingerabdrücke sein. Bis die Spurensicherung hier ist, falls sie überhaupt kommt, können wir nichts weiter tun, als das Haus zu sichern und die Beweise zu schützen.
Artikel vom 18.10.2006