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Misstrauen: Figaro (Michael Bachtadze) belauscht Susanna (Cornelie Isenbürger.

Verzwicktes Drunter und Drüber

»Die Hochzeit des Figaro« -Êgroße Oper für kleine Leute im Stadttheater

Von Uta Jostwerner
Bielefeld (WB). Es geht auch kürzer. Zugegeben, auf gut zwei Stunden affektvoll-spritziger Musik muss der Opernfan von morgen zwar verzichten. Verpasst hat er dennoch nicht viel. Denn was in der kindgerechten Aufarbeitung der Mozart-Oper »Die Hochzeit des Figaro« an szenischer Darstellung ausgespart wurde, ersetzte Birgit Kronshage durch ihre wortwitzige und erhellende Moderation.

Also hinfort mit dem ersten und direkt rein in den zweiten Akt der Originalinszenierung von Nicholas Broadhurst. Dass die Gräfin traurig ist, weil der Graf sie so oft allein lässt und sie sich deshalb auf dem Fahrrad abstrampelt, um attraktiv für ihn zu bleiben, ist schnell erklärt. Ebenso die Vorgeschichte rund um Figaro und Susanna, die heiraten wollen, es aber nicht so leicht gemacht bekommen. Zum einen sind da Marcellina und Bartolo, die die Hochzeit zu verhindern suchen, zum anderen der Herr Schürzenjäger Graf höchst persönlich, der selbst ein Auge auf Susanna geworfen hat und nur darüber nachdenkt, wie er mit ihr rumknutschen kann.
Um ihn auf den Pfad der Tugend zurückzuführen, ersinnen die Gräfin und Susanna einen Plan: Der junge Cherubino soll als Susanna verkleidet dem Grafen den Kopf verdrehen. Wenn der Graf später die Maskerade entdeckt, muss er sich so richtig schön schämen. Bekanntlich soll es nicht die letzte Intrige sein, die aus dem Ruder läuft und in der ohnehin verwickelten Opernhandlung für noch mehr Irrungen und Wirrungen sorgt.
Vornehmlich aber ist der »Figaro« eine Komische Oper, was in der szenischen Auswahl dann auch gut herüber kam. Gekichert wurde über die Verkleidungsszene ebenso wie über den eifersüchtigen Grafen, der wütend die Kettensäge heulen ließ. Großes Gelächter und viel Zwischenapplaus spendete das junge Publikum ebenso Figaro, wie er hinter einem Schwan versteckt seine frisch angetraute Susanna belauschte.
Von der Soloarie bis zur großen Ensemblenummer wurde nichts ausgespart. Dennoch, wer mit wem, wieso, weshalb warum, welche Spielchen spielt, ist gar nicht so leicht zu durchschauen. »Findet Ihr die Geschichte irgendwie kompliziert? Wir auch!«, bekennt Birgit Kronshage, als die Verwicklungen ihrem Höhepunkt zulaufen.
Dass am Ende eines tollen Hochzeitstages, an dem alles drunter und drüber geht, alle Wogen geglättet und Unklarheiten beseitigt sind, ist gar nicht so selbstverständlich. War doch ursprünglich geplant, die Handlung aus Sicht der Gräfin zu erzählen. Eine krankheitsbedingte Umbesetzung rief Birgit Kronshage auf den Plan, die aber völlig souverän durch den Verwicklungsdschungel führte.
Hinzu gesellte sich ein mit frischem Slapstick und Elan agierendes Gesangsensemble sowie die unter Kapellmeisterin Carolin Nordmeyer beweglich und pointiert aufspielenden Bielefelder Philharmoniker. Nach einer Stunde und fünfzehn Minuten schließlich hatte das Publikum das Wort. Zugabe-Rufe und tosender Applaus belegen: Der Auftakt der Kinderreihe »Musik voll fett;-)« im sanierten Stadttheater war ein voll fetter Erfolg!

Artikel vom 02.10.2006