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BenQ-Pleite setzt Siemens zu

Insolvenz löst Welle der Kritik aus - IG Metall: »skrupellose Manager«

Kamp-Lintfort (dpa/Reuters). Nach der Pleite der früheren Siemens-Handysparte mit 3000 Beschäftigten in Deutschland soll die Produktion von BenQ Mobile möglichst lange fortgesetzt werden.

»Wir werden die Situation vor Ort prüfen und alles daran setzen, den laufenden Betrieb aufrechtzuerhalten«, sagte der vorläufige Insolvenzverwalter Martin Prager am Freitag in München.
Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) und IG-Metall-Chef Jürgen Peters kritisierten den taiwanesischen BenQ-Konzern, der seiner deutschen Tochter am Vortag den Geldhahn zugedreht hatte und nahmen zudem Siemens als früheren Besitzer in die Pflicht. BenQ verteidigte die Entscheidung als unausweichlich.
Der Insolvenzantrag von BenQ Mobile ging am Freitagmorgen beim Münchner Amtsgericht ein. Von der Pleite sind 1600 Beschäftigte in der Fertigung in NRW direkt betroffen. Hinzu kommen 1400 Mitarbeiter in der Zentrale in München. Im Zuge der Insolvenz von BenQ hat nach Angaben der IG Metall auch das Serviceunternehmen Inservio GmbH Insolvenz angemeldet. Davon sind laut Gewerkschaft etwa 250 Mitarbeiter in Bocholt betroffen.
Das taiwanesische Unternehmen sprach in Taipeh von einer »schmerzhaften Entscheidung«. Sie sei aber unvermeidlich gewesen, da man seit der Übernahme der Handy-Sparte von Siemens 840 Millionen Euro Verlust gemacht habe, sagte ein Unternehmenssprecher. Alle Versuche, die Verluste zu stoppen, seien fehlgeschlagen. Hauptsächlich durch Verzögerungen in Forschung und Entwicklung sei diese Schieflage entstanden.
Rüttgers versprach den Beschäftigten im Werk Kamp-Lintfort: »Wir wollen alles tun, dass sich für Sie und Ihre Familien wieder eine neue Perspektive eröffnet.« Vertreter der IG Metall empfahlen den Beschäftigten, von Siemens Schadenersatz zu fordern.
BenQ hatte das Siemens-Handygeschäft vor genau einem Jahr für einen symbolischen Kaufpreis übernommen. Siemens gab noch einen dreistelligen Millionenbetrag als Mitgift. »Wir sind sehr betroffen von der Entwicklung und es ist für uns unverständlich, dass BenQ Mobile in Deutschland einen Insolvenzantrag gestellt hat«, sagte Siemens-Chef Klaus Kleinfeld am Freitag. Man habe auf die Zusagen von BenQ vertraut, die Produktion in Deutschland langfristig aufrechtzuerhalten. Siemens will nun rechtliche Schritte gegen BenQ prüfen.
Nach den Worten eines BenQ-Managers hat Siemens seine ehemalige Handysparte in der Stunde der Not im Stich gelassen. Finanzielle Hilfen habe die Siemens-Spitze abgelehnt, sagte BenQ-Strategiechef Rick Lei. »Wir haben Siemens um Hilfe gebeten. Letzten Donnerstag haben wir die ganze Nacht lang mit hochrangigen Siemens-Managern gesprochen. Aber am Ende haben sie gesagt: ÝGeschäft ist GeschäftÜ«.

Artikel vom 30.09.2006