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Zweiter Fall Natascha Kampusch?

ZDF dreht in Paderborn mit der Familie der vermissten Frauke Liebs

Von Christian Althoff
Paderborn (WB). Wird die seit mehr als 100 Tagen vermisste Krankenpflegeschülerin Frauke Liebs (21) gefangengehalten wie die Österreicherin Natascha Kampusch (18)?
Frauke Liebs verschwand am 20. Juni.
»So schlimm das klingt - wir hoffen das manchmal«, sagte am Freitag Karen Liebs, die 19-Jährige Schwester der Vermissten. Die in Lübbecke lebende junge Frau war am Freitag zusammen mit ihren Eltern Ingrid und Klaus Liebs zur Polizei nach Paderborn gefahren, um dort an den Dreharbeiten für die ZDF-Sendung »Aktenzeichen XY ungelöst« mitzuwirken. Autor Rüdiger Wellnitz hatte morgens zunächst in Fraukes Krankenpflegeklasse gedreht, dann befragte er neben der Schwester die Mutter, Fraukes früheren Freund Chris Karaoulis sowie Kriminalhauptkommissarin Anne Henze von der fünfköpfigen »Ermittlungskommission Frauke«. Die Angehörigen charakterisierten die Vermisste als zuverlässig und beschrieben die Verzweiflung, in der sie seit dem 21. Juni leben. Am Abend zuvor hatte sich Frauke Liebs im Paderborner Pub »Auld Triangle« von einer Freundin verabschiedet, um nach Hause zu gehen. Dort kam sie aber nie an.
»Als Ende August bekannt wurde, dass die Österreicherin Natascha Kampusch acht Jahre gefangengehalten worden war, haben wir natürlich sofort an Frauke gedacht«, erzählte die Schwester am Rande der Dreharbeiten. »Natürlich wäre es schlimm, wenn Frauke ähnlich leiden müsste, aber sie würde zumindest leben.« Dies sei zwar »ein trauriger Strohhalm«, an den sich die Familie klammere, »aber es ist wenigstens einer«, sagte Karen Liebs.
Hauptkommissarin Anne Henze erklärte, dass die Polizei in diesem Fall nicht wisse, in welcher Richtung sie suchen solle: »Alles erscheint möglich, aber leider spricht einiges für ein Verbrechen.« Die Beamtin wird am 9. November während der Live-Sendung im ZDF-Studio sein und auch um Hinweise auf Fraukes Handy (Nokia 6230) und ihre Handtasche bitten: »Beides könnte inzwischen irgendwo aufgetaucht sein.« Oberkommissar Michael Frische, der ebenfalls in der »EK Frauke« arbeitet, sagte, man sei bislang 150 Hinweisen nachgegangen: »Verglichen mit anderen Fällen sind das nicht allzu viele Spuren.« Die Angehörigen erklären dies damit, dass Frauke möglicherweise gefangengehalten wird: »Wir haben tausende von Steckbriefen verteilt. Könnte Frauke sich frei bewegen, wäre sie längst von jemandem erkannt worden«, ist Karen Liebs überzeugt.

Artikel vom 30.09.2006