12.10.2006
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Benton dachte, dass die Erklärung einstudiert klang, aber sie verblüffte ihn dennoch. War der Frau denn nicht klar, wie unpassend die freudige Bekanntgabe einer Verlobung zu diesem Zeitpunkt war? Er spürte die allgemeine Verlegenheit. Wie seltsam, dass ein gesellschaftlicher Fauxpas diese Leute derart aus der Fassung bringen konnte, wo gerade in ihrer unmittelbaren Umgebung ein Mord geschehen war und sie Todesangst haben mussten.
Emily Holcombe fragte: »Was ist mit Ihnen, Dr. Yelland? Ihr Cottage ist am abgelegensten.«
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»Irgendwer muss ja im Harbour Cottage bleiben, Sir, und wer außer mir käme dafür besser in Frage? Außerdem kann ich auf mich allein aufpassen.«
Seit Maycroft aufgehört hatte zu reden, schluchzte Millie leise und jämmerlich vor sich hin. Es klang wie das Jaulen eines Kätzchens. Hin und wieder drückte Mrs. Plunkett die kleine geballte Hand, sonst unternahm sie keine Tröstungsversuche. Von den anderen kümmerte sich niemand um sie, doch da rief Millie plötzlich: »Ich will nicht hier wohnen! Ich will weg, aufs Festland. Ich bleibe nicht hier, wo Leute ermordet werden! Ihr könnt mich nicht zwingen zu bleiben!« Sie wandte sich an Jago. »Jago, du bringst mich doch rüber, nicht? Du bringst mich mit dem Boot hin, ja? Ich kann bei Jake wohnen. Oder sonst wo. Ihr könnt mich hier nicht festhalten!«
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Auf einmal klang Maycrofts Stimme bestimmter, als Benton sie je gehört hatte. »Ich bin dabei, das abzuklären. Falls jemand die Insel unbedingt verlassen will, rate ich ihm dringend, wenigstens bis zum Ablauf der Inkubationszeit hier zu bleiben und sich von den anderen fern zu halten. Die Inkubationszeit beträgt zehn Tage, glaube ich, aber das wird uns Dr. Staveley genauer sagen können. Die Frage ist jedoch rein theoretischer Natur. Es kommen nie Ausflügler nach Combe, und unter den gegebenen Umständen wird erst recht niemand hier anlegen dürfen.«
Emily fragte: »Dann sind wir praktisch Gefangene?«
»Nicht mehr, als wir das bei dichtem Nebel sind, Emily, oder bei einem heftigen Unwetter. Über die Barkasse habe ich zu bestimmen. Und bis zum Ende der Inkubationszeit werde ich sie keinem zur Verfügung stellen. Hat jemand was daran auszusetzen?«
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Jago rückte seinen Stuhl näher zu ihr und flüsterte ihr etwas ins Ohr. Niemand hörte, was er sagte, aber Millie beruhigte sich allmählich, bis sie schließlich trotzig fragte: »Wieso kann ich dann nicht bei dir im Harbour Cottage bleiben?«
»Weil du bei Mrs. Burbridge im großen Haus genauso gut aufgehoben bist. Keiner wird dir was tun. Sei tapfer und vernünftig, dann bist du eine echte Heldin, wenn das alles hier vorbei ist.«
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»Für die Trauer um meinen Vater habt ihr nicht einen Moment Zeit gefunden!« Miranda war aufgesprungen. »Es war euch doch gleichgültig, ob er tot ist oder lebendig. Einige von euch waren sogar froh über seinen Tod. Ich weiß, welche Meinung ihr von ihm hattet, also bildet euch bloß nicht ein, dass ich hier aufstehe und zwei Schweigeminuten für Mr. Boyde abhalte, falls euch das vorschwebt.« Sie wandte sich an Kate. »Und vergessen Sie nicht, dass Daddy als Erster gestorben ist. Sein Tod ist noch nicht aufgeklärt.«
»Wir sind dabei.«
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Er warf Kate einen Blick zu, und irgendwie spürte sie seine Nervosität. Sie fragte: »Möchten Sie noch etwas sagen, Sergeant?«
»Nur eines, MaÕam.« Er sah die Gruppe an und richtete dann seinen Blick auf Emily Holcombe. »Wir bitten Sie nicht nur aus Gründen Ihrer Sicherheit, Ihre Cottages zu verlassen. Da Mr. Dalgliesh erkrankt ist, müssen wir unsere Kräfte effektiv bündeln. Es ist nicht sicherer, sondern auch umsichtig, Sie alle an einem Ort unterzubringen. Wer nicht kooperiert, behindert die Ermittlungen in erheblichem Maße.«
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Ehe Miranda etwas entgegnen konnte, öffnete sich die Tür, und Guy Staveley kam herein. Irgendwie hatte Benton erwartet, dass er einen weißen Kittel tragen würde. Die braune Kordhose und die Tweedjacke, die der Arzt seit dem Morgen anhatte, erschienen jetzt unpassend. Staveley trat leise in den Raum. Sein Gesicht war ebenso ernst wie das von Maycroft, und bevor er etwas sagte, schaute er zu diesem hinüber, als bräuchte er Zuspruch, doch seine Stimme war kräftig und überraschend gebietend. Das war ein anderer Staveley als der, den Benton bisher kennen gelernt hatte. Alle Augen ruhten auf ihm. Als Benton von einem Gesicht zum anderen blickte, erkannte er Hoffnung, Angst und das stumme Flehen, das er schon oft gesehen hatte: das verzweifelte Verlangen nach den beruhigenden Worten des Fachmannes.
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Artikel vom 12.10.2006