11.10.2006
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Als wollten sie vermeiden, einander über den Tisch hinweg in die Augen sehen zu müssen, hatten sie sich im Raum verteilt. Nur drei waren zusammengerückt: Mrs. Plunkett saß neben Millie Tranter, die Hände auf dem Tisch, wobei die große Hand der Köchin die des Mädchens umfasst hielt. Und Jago hatte links von Millie Platz genommen. Am Kopfende des Tisches verkörperte stocksteif und bleich Mrs. Burbridge Entsetzen und Trauer. Emily Holcombe hatte es sich in einem der Ledersessel vor dem Kamin bequem gemacht, und Roughtwood stand in Habachtstellung hinter ihr, ein Wachposten im Dienst. Mark Yelland saß ihr gegenüber, den Kopf zurückgelehnt, die Arme locker auf den Lehnen, so entspannt, als wollte er ein Nickerchen machen. Miranda Oliver und Dennis Tremlett hatten zwei kleinere Bibliothekssessel vor eins der Bücherregale geschoben und saßen Seite an Seite. Dan Padgett hatte ebenfalls etwas abseits in einem der kleineren Sessel Platz genommen, ließ die Arme zwischen den Knien baumeln und hatte den Kopf gesenkt.
Als sie eintraten, richteten sich alle Augen auf sie, aber keiner rührte sich. Maycroft, der nach ihnen den Raum betreten hatte, ging an den Tisch und nahm auf einem der freien Stühle Platz.
Kate sagte: »Könnten wir bitte ein Fenster aufmachen?«
Jago erhob sich und öffnete ein Fenster nach dem anderen. Ein kühler Lufthauch wehte herein, und das Rauschen des Meeres wurde lauter.
Miranda Oliver sagte: »Nicht alle Fenster, Jago. Zwei sind genug.« Ihre Stimme klang leicht beleidigt. Sie sah die anderen an, als erwarte sie Unterstützung, doch niemand sagte etwas. Wortlos schloss Jago alle Fenster bis auf zwei.
Kate wartete, bis er fertig war, dann sagte sie: »Es gibt zwei Gründe, warum wir uns alle hier versammelt haben, alle, bis auf Dr. Staveley und seine Frau. Die beiden werden jedoch bald zu uns stoßen. Mr. Maycroft hat Sie davon unterrichtet, dass es einen zweiten Todesfall auf der Insel gegeben hat. Um acht Uhr heute Morgen hat Commander Dalgliesh in der Kapelle die Leiche von Adrian Boyde entdeckt. Sie wissen außerdem bereits, dass Dr. Speidel ins Krankenhaus gebracht wurde und dass er SARS hat - das schwere akute respiratorische Syndrom. Leider ist auch Mr. Dalgliesh erkrankt. Das bedeutet, dass ich die Leitung der Ermittlung übernommen habe und zusammen mit Sergeant Benton-Smith weiterführen werde. Es bedeutet auch, dass wir alle unter Quarantäne gestellt werden. Für wie lange, wird Dr. Staveley erläutern. Während dieser Zeit werden mein Kollege und ich selbstverständlich weiter sowohl den Tod von Mr. Oliver als auch den Mord an Adrian Boyde untersuchen. Wir halten es für ratsam, dass diejenigen von Ihnen, die in den Cottages wohnen, vorläufig in das Stallgebäude oder ins Haupthaus ziehen. Möchten Sie etwas sagen, Mr. Maycroft?«
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Kate bestätigte: »Mr. Boyde wurde ermordet. Mehr kann ich im Augenblick nicht dazu sagen. Mr. Maycroft?«
Niemand äußerte etwas. Benton hatte zumindest mit Gemurmel gerechnet, mit entsetzten oder verblüfften Ausrufen, aber anscheinend standen sie unter Schock. Er hörte bloß, wie alle gemeinsam nach Luft schnappten, so leise, dass es auch ein Säuseln des Windes hätte sein können. Jetzt richteten sich alle Augen auf Maycroft. Er umfasste die Rückenlehne seines Stuhls und schob Jago ein wenig beiseite, als sei er sich dessen Anwesenheit gar nicht bewusst. Seine Fingerknöchel hoben sich weiß von dem Holz ab, und sein Gesicht, aus dem nicht nur die Farbe, sondern auch alles Leben gewichen war, glich dem eines alten Mannes. Aber als er sprach, klang seine Stimme fest.
»Inspector Miskin hat Ihnen das Wichtigste bereits gesagt. Guy und Jo Staveley sind zurzeit bei Mr. Dalgliesh. Dr. Staveley wird gleich kommen, und Sie über SARS informieren. Ich möchte jetzt nur die Gelegenheit nutzen, in unser aller Namen der Polizei gegenüber deutlich machen, wie schockiert und entsetzt wir über den Tod eines guten Menschen sind, der zu uns gehörte. Und ich möchte Inspector Miskin versichern, dass wir sie ebenso unterstützen werden, wie wir das bei Mr. Dalgliesh getan haben. Ich habe bereits mit ihr die Frage der Unterbringung besprochen. Angesichts dieses neuen und offenbar grundlosen Mordes sind alle Unschuldigen in gewisser Weise gefährdet. Vielleicht sind wir einfach vorschnell davon ausgegangen, dass unsere Insel nicht unbemerkt betreten werden kann. Wir haben uns geirrt. Ich muss betonen, dass das meine Meinung ist, nicht die der Polizei, aber wie dem auch sei, Inspector Miskin legt Wert darauf, dass wir alle zusammenbleiben. Hier im Haus sind zwei freie Gästesuiten, und im Stallgebäude stehen Unterkünfte zur Verfügung. Ich würde vorschlagen, dass Sie alles Nötige aus Ihren Cottages holen und sie dann abschließen. Unter Umständen muss die Polizei die Cottages nach eventuellen Eindringlingen durchsuchen, und ich werde Inspector Miskin einen Satz Schlüssel zur Verfügung stellen. Gibt es noch Fragen?«
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Sie war kaum fertig, da meldete sich auch schon Miranda Oliver zu Wort.
Artikel vom 11.10.2006