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Speisen wie in einem Museum

Einmalig anders: Gaststätte Vahle besteht an diesem Sonntag 140 Jahre

Von Gerhard Hülsegge
(Text und Fotos)
Bielefeld (WB). »Vahle - einmalig anders«. Dieser Slogan hat Tradition. Die Gaststätte an der Wertherstraße 24/Ecke Kiskerstraße feiert an diesem Sonntag ihr 140-jähriges Bestehen.

»Unsere Räume, unser Essen und unser Service haben uns den guten Ruf eingebracht«, erklärt Wirt Michael Neumann (54), der das Lokal seit 2000 zusammen mit Ehefrau Elisabeth führt. Wer die Gaststube betritt, hat das Gefühl, sich in einem gemütlich eingerichteten Wohnzimmer zu befinden. Der Kohleherd, das Sinalco-Werbeschild, Kaiser Wilhelm II. (mit Pickelhaube) an der Wand - all' dies lässt erahnen, wie viele Gäste das Haus im Laufe der Jahrzehnte bereits gesehen hat. Dazu das Anwalts-Püppchen über der Theke und das Schaukelpferd davor, das macht die Eigenartigkeit der früheren »Restauration Westend« aus.
1866 erhielt der Bäckermeister August Vahle aus Halle-Hörste die Erlaubnis, einen Ausschank zu eröffnen. Beliebt war bei den umliegenden Bauern aus Dornberg und Werther unter anderem das »Spinstbrot«, ein Schwarzbrot, dass zu Bier und Steinhäger besonders mundete. 1896 errichtete Vahle das Gast-, Geschäfts- und Wohnhaus neu. Bis 1972 führten seine Kinder (Familie Müller) den Betrieb. Dann wurde er erstmals verpachtet.
Das Eckhaus, das lange Jahre auch unter dem Namen »Westend Ressource« bekannt war, steht heute unter Denkmalschutz. Stuckzier-Blattornamente an den Gesimsen, Quaderverbände, Kartuschen und in Stein gemeißelte Hähne mit Brezel sind noch heute ein Blickfang nicht nur für Menschen mit einem Faible für Architektur.
Drinnen bietet das Haus 90 Gästen Platz. Und Elisabeth Neumann verhehlt nicht: »Manche meinen, sie säßen in einem Museum.« Immer wieder findet sie antiquarische Artikel, die zum Ambiente der Gaststätte Vahle passen. Freilich stört es sie und Ehemann Michael als gelernten Koch nicht, wenn die Gäste »nur« wegen der leckeren hausgemachten Roulade oder dem echten Wiener Schnitzel kommen. Auch Prominente wie Sänger Udo Jürgens und Kabarettist Gerhard Polt haben es sich unweit des »Klösterchens« schon schmecken lassen.
Ab 18 Uhr ist die gemütliche Kneipe an jedem Tag der Woche geöffnet. Neben dem Wirteehepaar sorgen dann auch Sarah Mühlenhaupt mit dem Auszubildenden David Tondera in der Küche sowie Kerstin Burhorn mit den zwei Azubis Tanja Fischer und Marina Samardzic für das leibliche und sonstige Wohl ihrer Gäste. Warme Küche gibt es bis eine halbe Stunde vor Mitternacht. Kerzenschein ist obligatorisch. Und auch auf Musik muss niemand verzichten. Zwar haben Neumanns Kinder Arne (31) und Elisa (26) nicht den Wunsch, das Gastronomiegeschäft ihrer Eltern weiterzuführen. »Wir haben aber noch nicht vor aufzuhören«, sagt Michael Neumann, der zwar gebürtig aus Gütersloh stammt, aber inzwischen seit vielen Jahren mit der Familie im Gadderbaumer Johannistal beheimatet ist.
»Stammgast« bei Vahle ist übrigens auch ihr Vierbeiner. Dackel »Berta«, sechs Jahre alt, fühlt sich im Trubel pudelwohl, vergnügt sich aber lieber im Hintergrund. Vielleicht kommt am Sonntag ja sogar DSC-Keeper »Matze« Hain vorbei, um den Arminen-Sieg gegen Cottbus zu feiern...

Artikel vom 30.09.2006