29.09.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

»Schleuderpreis-Aktion stellt
Erntedank auf den Kopf«

Landwirte protestieren vor Brackweder Rewe-Markt

Von Annemargret Ohlig
(Text und Foto)
Brackwede (WB). Bei einer bundesweiten Aktion bietet die Handelskette Rewe derzeit in ihren Läden das halbe Pfund Butter für 50 Cent an. Ein Angebot, das auch im Brackweder Rewe-Markt an der Hauptstraße zu finden ist und das die heimischen Milchbauern als große Provokation empfinden.

»Es ist eine Geschmacklosigkeit, ein hochwertige Lebensmittel wie Butter zu Skandalpreisen zu verramschen. Das stellt Erntedank auf den Kopf«, empört sich Heinrich Dingerdissen. »In der Erzeugung von Milch, Butter, Eiern und anderen Dingen steckt eine Menge Arbeit - da will ich meine Dienste entsprechend honoriert haben«, ergänzt Reinhardt Beste.
Spontan organisierten Dingerdissen, Vorsitzender des Öffentlichkeitsausschusses des Landwirtschaftlichen Kreisverbandes Bielefeld, und heimische Milchbauern gestern Mittag vor dem Brackweder Rewe-Markt den Protest »gegen Preisdumping und Billigpreisaktion.«
Ein Vorgehen, das wiederum Marktleiter Dirk Mumme empörte. Der 28-Jährige, der im Mai den Laden übernommen hat, ist verärgert darüber, dass die Landwirte ausrechnet seinen Markt für ihre Demo gewählt haben - obwohl er die Butteraktion nicht zu verantworten habe. Mit einem Hausverbot wehrte sich Mumme gegen die Landwirte. Die protestierten daraufhin vor dem Markt, verteilten Infoblätter und versuchten mit den Kunden ins Gespräch zu kommen.
»Dieses ist keine Aktion gegen die Verbraucher«, betonte Dingerdissen. »Aber wir Landwirte stehen mit dem Rücken zur Wand, weil wir zu geringe Erzeugerpreise bekommen.« Für die Herstellung von einem Kilo Butter benötige man 22 Liter Milch, der Milchbauer erhalte von den Molkereien 25 bis 27 Cent pro Liter. Daraus könne jeder schließen, dass Rewe die Butter unter Einstandspreis verkaufe. Ein Vorgehen, gegen das sich die Bundesminister Seehofer und Glos ausgesprochen hätten und das künftig per Gesetz ausgeschlossen werden soll.
Während Stammkundin Hildegard Reich die Rewe-Aktion wunderbar findet - »bei meiner kleinen Rente freue ich mich über jedes Sonderangebot« - zeigen Jutta und Werner Fingberg großes Verständnis für das Anliegen der Landwirte. »Ob der Protest aber hilft, weiß ich nicht. Die Leute wollen doch alles geschenkt - wie man beim Gammelfleisch gesehen hat.«
Karitative Einrichtungen bekommen jetzt übrigens 152 Pakete Butter von den Landwirten geschenkt. Diese hatten mit der Kaufaktion nämlich das Butterregal im Rewe-Markt geräumt.

Artikel vom 29.09.2006