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Bundeswehr setzt gefährlichen
Einsatz in Afghanistan fort

Bundestag stimmt Verlängerung des Mandats zu - ISAF-Einsatz im Norden

Berlin (WB/rb/dpa). Die Bundeswehr wird ihren gefährlichen Einsatz in Afghanistan ein weiteres Jahr fortsetzen. Der Bundestag stimmte gestern der Verlängerung des Mandates mit großer Mehrheit zu.

Deutschland beteiligt sich mit bis zu 3000 Soldaten an der Internationalen Schutztruppe für Afghanistan (ISAF) und ist damit zweitgrößter Truppensteller der insgesamt 20 000 Mann starken Truppe unter dem Dach der NATO.
Die Lage in Afghanistan ist derzeit so schlecht wie seit dem Sturz des Taliban-Regimes vor fünf Jahren nicht mehr. Die Übergriffe auf die fremden Truppen mehren sich inzwischen auch im bislang als wenig gefährlich geltenden Norden, in dem die deutschen Soldaten die Verantwortung haben. Zentrales Problem ist der Drogenanbau, für dessen Bekämpfung bisher keine zwingenden Lösungsansätze in Sicht sind. Zudem bekommen die Aufbauhelfer die Korruption nicht in den Griff.
Mit einem Appell zur Entschlossenheit im Kampf gegen die radikalislamischen Taliban in Afghanistan hat NATO-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer gestern ein Treffen der NATO-Verteidigungsminister in Portoroz (Slowenien) eröffnet.
»Mit den gegnerischen Kräften in Afghanistan muss in schlüssiger Weise verfahren werden«, sagte er. »Afghanistan darf nie wieder ein Sprungbrett des internationalen Terrorismus werden.«
Zuvor hatten sich die NATO-Länder grundsätzlich darauf geeinigt, die von ihr geführte Afghanistan-Schutztruppe ISAF schon in Kürze im gesamten Land einzusetzen. Der NATO-Rat hatte gestern in Brüssel beschlossen, die Zuständigkeit der ISAF »so rasch wie praktisch möglich« auch auf den hart umkämpften Osten Afghanistans auszuweiten.
»Wir müssen die Arbeit zu Ende bringen und den Erfolg unserer Operation in Afghanistan sicherstellen«, erklärte De Hoop Scheffer.
Den Wunsch nach einem stärkeren Engagement auch der Bundeswehr in Afghanistan ließ gestern der NATO-Oberbefehlshaber in Europa, General James L. Jones, indirekt erkennen. Afghanistan sei derzeit die wichtigste Operation der 38 000 von ihm befehligten NATO-Soldaten, sagte der Vier-Sterne-General beim Campus-Symposium in Iserlohn.
Er wünsche mehr Entscheidungsfreiheit für die Kommandeure vor Ort. Sein Vorschlag sei es, dass die militärischen Führer flexibler und schneller handeln könnten. Jones unterstrich die Leistung der 2700 Bundeswehrsoldaten im Norden des Landes, beklagte aber, dass der Drogenanbau immense Ausmaße angenommen habe.
Alle NATO-Truppen würden sich der Wiederaufbau-Aufgabe stellen, allerdings seien im Süden des Landes die Voraussetzungen dafür noch zu schaffen. Jones gab zu verstehen, dass mit Ausnahme von Polen bislang bei zu wenige Partnern die Bereitschaft bestehe, weitere dringend benötigte Truppen zu entsenden.
Im Süden des Landes als »Heimat der Taliban« seien die größten militärischen Herausforderungen zu meisten. Nur wenn die Kampftruppen verstärkt würden, könnte die NATO auch im Osten ansetzen, um Warlords und korrupte regionale Führer zu bekämpfen. Jones beklagte in Iserlohn auch, dass die NATO-Truppen von der afghanischen Regierung in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt würden.

Artikel vom 29.09.2006