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»Sanktionieren ist kein Fremdwort«

Heute im Gespräch: Ingbert Koppermann, Chef im Job-Center Paderborn

Paderborn (WB). Was machen die Job-Center in OWL besser? Fragen an den Geschäftsführer der ARGE Paderborn, Ingbert Koppermann, von Reinhard Brockmann.
Ingbert Koppermann, ARGE-Chef in Paderborn
Was machen die Job-Center im Kreis und in OWL anders? Koppermann: Es gibt einen absoluten Grundkonsens zwischen den Trägern, Kreis und Agentur für Arbeit, hinsichtlich der Aufgabenerledigung und der strategischen Ausrichtung. In OWL arbeiten die ARGEn auf allen Ebenen sehr eng zusammen und stimmen sich häufig miteinander ab.

Was geht in Zeiten von Massenarbeitslosigkeit? Koppermann: Von Januar bis Ende August haben wir 1986 Integrationen vornehmen können. Davon sind rund 1200 ohne weitere finanzielle Aufwendungen durch die ARGE erfolgt. Wir haben dabei einen erfreulich hohen Anteil von etwa 300 Fällen, in denen sich die Betreffenden ihre Stelle selbst gesucht haben. Das beschreibt die hohe Motivationslage unserer Kunden.

8000 ihrer 15000 Kunden sind nicht mehr vermittelbar... Koppermann: Alle Kunden sind geprüft und eingestuft, neudeutsch: profiled, worden. Danach müssen wir davon ausgehen, dass die Mehrheit für eine Aufnahme einer normalen, sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung am ersten Arbeitsmarkt nicht bzw. nicht mehr in Frage kommt.

Was können Sie für diese Gruppe noch anderes tun? Koppermann: Wir sind in Paderborn dazu übergegangen, einen zweiten oder sogar dritten Arbeitsmarkt aus- und aufzubauen. Wir haben uns Dank eines einstimmigen Votums der Trägerversammlung entschieden, 2007 bis zu 800 öffentlich geförderte Beschäftigungsverhältnisse dieser speziellen Klientel anzubieten. Ich setze dabei auf die Unterstützung der Kommunen im Kreisgebiet, der sozialen Beschäftigungsträger und der Wohlfahrtsverbände. Es handelt sich dabei im wesentlichen um Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen und um die so genannte Arbeitsgelegenheit in der Entgeltvariante. Auf Deutsch: Bei dieser Variante werden volle sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse im gemeinnützigen, zusätzlichen Bereich begründet, bei voller tariflicher bzw. ortsüblicher Entlohnung. In aller Regel endet damit der Bezug von ALGII.

Wer sich von Januar 2007 an weigert eine Arbeitsstelle oder Integrationsmaßnahe anzutreten, muss mit einer 30prozentigen Kürzung des Regelsatzes rechnen. Sollte dieses in einem Jahres dreimal vorkommen, wird das gesamte ALG II inklusive Wohnkosten eingestellt.Koppermann: Sanktionieren war für uns in Paderborn auch vorher schon kein Fremdwort. Für uns stehen »Fördern und Fordern« in einem engen Zusammenhang. Wir haben seit der Gründung der ARGE 8500 Einzeleintritte in integrationsvorbereitende Maßnahmen veranlasst. Soweit das Fördern. Bei Verstößen gegen die gesetzlichen Spielregeln haben wir in der Vergangenheit bereits sanktionieren müssen, nämlich durch Leistungskürzungen. Die neuen Sanktionsregelungen von 2007 an gehen jedoch deutlich weiter.

Und welchen Effekt hat diese »erzieherische Maßnahme«? Koppermann: Unsere Erfahrung ist, dass es bei den Erwachsenen deutlich stärker greift als bei Teilen der Jugendlichen. Unter jungen Leuten gibt es teilweise schon so eine Art Fatalismus. Wenn wir denen sagen, dass bei der Ablehnung einer Förderung oder einer Beschäftigung die drastische Kürzung, bis zur völligen Leistungsversagung, droht, dann wird das häufig nicht gehört. Andere sagen lediglich: Dann gehe ich eben zu meinen Eltern.

Artikel vom 28.09.2006