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1600 Menschen trauern
um Transrapid-Opfer

Bundespräsident Köhler kondoliert den Angehörigen

Lathen (WB/dpa). »Plötzlich ist der Tod über sie gekommen, hat unterschiedslos Ehepartner, Mütter und Väter ihren Liebsten entrissen.« Vor 600 Trauergästen in und weiteren 1000 vor der Pfarrkirche St. Vitus zu Lathen gedachte gestern Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff der Opfer des Unglücks auf der Transrapid-Teststrecke im Emsland.
Bischof Bode begrüßt Bundespräsident Horst Köhler (li.) und Ministerpräsident Christian Wulff.

Zu Beginn der ökumenischen Trauerfeier verlas Wulff die Namen der Toten, darunter das Ehepaar Roland und Gabriela K. (beide 47) aus Pr. Oldendorf im Kreis Minden-Lübbecke. Vier Kinder verloren mit ihnen am vergangenen Freitag ihre Eltern. Sie wie auch der Trainer des Lathener Karateclubs, der seine Frau und zwei Sportfreunde aus den USA stolz zu der Besucherfahrt mit dem »technischen Wunder« eingeladen hatte, elf RWE-Mitarbeiter, zwei Zugführer und weitere vier Insassen verloren ihr Leben, als der Transrapid mit Tempo 170 auf einen Werkstattwagen raste. Zehn Menschen überlebten verletzt. »Uns allen stehen sie vor Augen, die Bilder von Lathen«, sagte Wulff.
Bundespräsident Horst Köhler, seine Frau Eva Luise und Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee kondolierten persönlich den Hinterbliebenen, die abgeschirmt in einem Nebenraum der Kirche den Gottesdienst verfolgten. »Menschliche und technische Grenzen in unserer immer perfekter erscheinenden Welt« seien aufgezeigt worden, sagt Osnabrücks Bischof Franz-Josef Bode in seiner Predigt. Und die evangelische Regionalbischöfin Doris Janssen-Reschke mahnte einen kritischen Umgang mit neuer Technik an: »Denn wir können ja nicht einfach nur weitermachen wie bisher.«
Auch die in den vergangenen Tagen verstärkt entbrannte Diskussion um die Sicherheit der emsländischen Versuchsanlage sowie der Transrapid-Technologie waren Thema auf der Trauerfeier. »Wir müssen weiter daran arbeiten, unsere Welt auch mit Hilfe der Technik menschlicher und sicherer zu machen - auch im Wissen um die Fehlbarkeit und die Begrenztheit des Menschen«, sagte Wulff. Er sei nach wie vor der Überzeugung, dass der Transrapid das sicherste Verkehrsmittel der Welt sei. Auch die Angehörigen hofften, so der Ministerpräsident, dass das Unglück nicht das Ende des Transrapids bedeutet. »Auch das ist ein Signal von Lathen«, sagt Wulff, und betonte, er werde einen Ombudsmann einsetzen, der die Interessen der Hinterbliebenen wahren soll.
Geduld forderte unterdessen die ermittelnde Staatsanwaltschaft Osnabrück. »Wir haben einen Riesenhaufen Arbeit vor uns«, sagte Behördensprecher Alexander Retemeyer. Ob und warum verhängnisvolle Fehler im Leitstand geschahen oder die getöteten Zugführer Verantwortung tragen, ob sich die Ermittlungen auch auf Betriebsgenehmigung und Betreiber erstrecken - Antworten darauf werde es erst in Monaten geben.

Artikel vom 28.09.2006