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Junger Held fegt durchs Weltall
Neue CDs: Sechs Abenteuer mit Perry Rhodans Sohn - Lechtenbrink spricht den »Erben des Universums«
Treffen sich zwei »Perry Rhodan«-Fans. Holt der eine tief Luft. Sagt der andere: »Erzähl mir nix, ich bin mit der Lektüre drei Hefte im Rückstand!« Bei fast 2400 bislang erschienenen Abenteuern eine lässliche Sünde.
Die weltweit größte Science-fiction-Serie feiert 45. Geburtstag, und der »Erbe des Universums« wurde gerade 70. Vurguzz zum Geburtstag, Perry! Vurguzz ist, wie Sie wissen, ein grüner Extrakt aus der Vurga-Beere, einer Frucht, der lebensverlängernde Wirkung nachgesagt wird. Aus der Flasche (»nur echt mit eingelegtem Kraahk«) blubbert es hochprozentig: 160% Alkohol, wovon 60% im Hyperraum gebunkert sind . . .
Es gibt Leute von deutlich imposanterer Statur als der Mausbiber Gucky, gestandene Dreimeterfuffzichhünen wie der Haluter Icho Tolot beispielsweise, die wollen auf der Stelle von einem Dissonanzgeschütz zerschrotet werden, wenn es gelogen ist, dass sie nach Vurguzz-Genuss einen Laurin erblickt hätten. Die Laurins sind, wie Sie wissen, ein unsichtbares Volk aus den Tiefen des intergalaktischen Leerraums. Und ein Dissonanzgeschütz, das die Wirkung von Intervallkanone und Konstantriss-Nadelpunkt-Kanone kombiniert, erzeugt bekanntlich ein überlichtschnelles Röhrenfeld, bevor - okay, okay, Laurins kann man sehen.
Perry Rhodan selbst, am 8. Juni 1936 in Manchester/Connecticut geboren, erhielt 1174 NGZ (Neue Galaktische Zeitrechnung), was dem Jahr 4761 n.Chr. entspricht, einen Zellaktivator. Seither ist der Mann, der seinen Vornamen dem Anwalt Perry Mason verdankt und seinen Nachnamen dem Flugmonster aus einem Japan-Comic, auf immer und ewig 39 Jahre alt.
Trotzdem kriegt er jetzt ein Geburtstagsgeschenk.
Wir schreiben das Jahr 1332 NGZ. Die Milchstraße steht im Bann des Hyperimpedanz-Schocks, Dimensionsstürme lähmen die Raumfahrt, Sternhaufen materialisieren aus dem Nichts. Und derweil sich alle Welt in die Charon-Dunkelwolke flüchtet, veröffentlicht der Lübbe Audio-Verlag unter dem Titel »Sternenozean« eine neue Hörbuch-Reihe mit sechs Geschichten. »Der Sternenbastard« heißt die erste Folge; der Bastard ist Kantiran, der Sohn des Terraners (Erdlings) Perry Rhodan und der Mascantin Ascari da Vivo. Jeweils zwei CDs geben den Inhalt eines Heftes wieder; die zweite Staffel ist für Februar/März 2007 geplant.
Während Perry seine CDs auspackt, unterhalten wir uns mit Volker Lechtenbrink. Volker ist, wie Sie wissen, Schauspieler und Regisseur in Hamburg. »Kennen Sie die ÝPerry-RhodanÜ-Romanserie?« - »Wer kennt die nicht; ich habe sie schon als Kind gelesen.« Nicht flunkern, Volker, du bist Jahrgang 1944, warst also bereits 17, als am 8. September 1961 Perry mit der »Stardust« zum Mond abhob.
Lechtenbrink leiht Perry seine markante Stimme, und er ist nicht der einzige Promi, der an diesen sorgfältig produzierten Hörspielen mitwirkt. Michael Douglas ist auch dabei, genauer gesagt: seine Synchronstimme Volker Brandt (Atlan). Daniela Hoffmann (Ascari da Vivo) spricht sonst Julia Roberts und Calista Flockhart (»Ally McBeal«). Joachim Höppner (Erzähler) war im »Herrn der Ringe« die Stimme des Zauberers Gandalf.
»Was können Sie uns über die Handlung verraten, Herr Lechtenbrink?« - »Nur so viel: Es ist eine spannende Mischung aus Krimi und Science-fiction.« Eine hanseatisch unterkühlte Stellungnahme - für den »Sternenozean« wurde ein Aufwand betrieben, den Hörspielliebhaber im Ozean der Massenware zumeist schmerzlich vermissen.
»Wir orientieren uns an großen Kinofilmen«, erzählt Simon Bertling vom Berliner Studio »Stil«, das mit seiner Edgar-Allan-Poe-Reihe einen Meilenstein des Hörspiels schuf. Für »Perry Rhodan« goss ein eigens engagierter Komponist Sci-fi-Motive in instrumentale Klänge; es spielt das renommierte Berliner Filmorchester.
Auf zu fernen Planeten! Wohin auch immer Kantiran seine Schritte lenkt - es quietscht und knarzt und schnieft und schnorzt, denn das »Laut-Design« ist geprägt von den Stimmen exotischer Tiere. Die wirkten offensichtlich ansteckend: Die illustre Riege der Sprecher imitierte, was da kreuchte und fleuchte, und falls Sie Daffy Duck heraushören, herzlichen Glückwunsch: Gerhard Schaale, der in den »Bugs Bunny«-Comics die nervtötende Ente knödelte, hockt auch im Raumgleiter.
Gute Überleitung. Wie hört sich so ein Raumgleiter an, wenn er durch den Raum gleitet, wo doch im Raum gar kein Schall in des Menschen Ohrmuschel gleiten kann? Lauschen Sie selbst - dem »Stil«-Studio ist die, nun ja, Quadratur des Kugelgleiters gelungen.
Und die Optik? »Also das Cover von CD 5 [»Havarie auf Hayok«; d.Red.] stellt ganz eindeutig eine fMRI-Aufnahme des Autoren dar. Vielleicht der präfrontale Kortex während eines Geistesblitzes . . .?« Perry-Jünger verfielen, kaum dass im Internet die CD-Cover der Marke »Laien frickeln sich eine spacige Collage« gezeigt wurden, infolge Hyperschocks in Schreckstarre. Lübbe reagierte schneller als ein Hermaphrodit vom Volk der Mom'Serimer sein Geschlecht ändert: Man ersetzte die Erstentwürfe durch Illustrationen, wie sie der Fan von den Titelblättern der Hefte kennt.
Cover made in Bielefeld, by the (milky) way! Denn mit Dirk Schulz (41) wirkt einer von drei aktiven Zeichnern im Oberzentrum am Teuto. Dem phantasievollen Illustrator, Mitinhaber der Agentur »Animagic«, der seine emotionale Heimat im Comic gar nicht erst zu verbergen trachtet, macht die Mitwirkung an »Perry Rhodan« viel Spaß.
»Wir bekommen das Exposé und setzen die Essenz der Romane bildhaft um.« Also: Raumschiff der Oxtorner explodiert? Oder: Mausbiber Gucky überlistet die Terminale Kolonne? »Da haben wir alle Freiheiten«, versichert Schulz. »Die Jungs in Rastatt [da residiert der Verlag Pabel-Moewig, der Perry herausgibt; d.Red.] haben meine Entwürfe nie beanstandet.«
Zwei bis drei Tage braucht Schulz für eine actiongeladene Szene aus dem Perryversum. Seit fünf Jahren ist der gebürtige Mindener Sci-fi-Zeichner. Wie lange noch? »Auf immer und ewig.« Schon mal prophylaktisch den lebensverlängernden Vurguzz gebunkert? »Ja, ich hab da so eine Flasche giftgrünes Zeugs im Regal stehen . . .« Matthias Meyer zur Heyde

Artikel vom 04.11.2006