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Ältere Arbeitnehmer
aufs Abstellgleis

Politiker von der Industrie eingespannt

Spielt, so dieser Leser, der Industrie in die Hände: Ronald Pofalla (CDU).

Zu einem Leserbrief des Paderborner Unternehmers Ferdinand Klingenthal mit dem Titel »Hartz-IV-Unsinn durch größeren Unsinn lindern?«:
Zutreffend schreibt der Verfasser, dass etwas sehr faul in der deutschen (Sozial-) Politik und Wirtschaft ist. Man sollte die Augen aber für die ganze Wahrheit öffnen. Der Vorschlag von CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla, Kinder für den Unterhalt ihrer arbeitslosen Eltern aufkommen zu lassen, ist ein weiteres Beispiel dafür, wie sehr die Politik vor Industrie und Unternehmen kuscht und diesen auch noch in die Hände spielt.
Tatsache ist, dass immer mehr ältere Arbeitnehmer aufs berufliche und soziale Abstellgleis geschoben werden: Bereits ein 50-Jähriger, der von einer Kündigungswelle erfasst wird, hat auf dem deutschen Arbeitsmarkt kaum mehr eine Chance, innerhalb eines Jahres, bevor er in »Hartz-IV« abrutscht, eine neue Stelle zu finden. Und auf eine reguläre Rente darf er, wenn überhaupt, dank des Heraufsetzens des Rentenalters frühestens mit 67 Jahren hoffen (und bald wohl sogar erst mit 70).
Nach dem Vorschlag Pofallas entzieht sich der Staat nicht nur seiner sozialen Aufgabe, sondern schafft auch genau das, was sich viele Unternehmen sehnlichst wünschen: eine Beruhigungspille für das Gewissen bei der Entlassung älterer Arbeitnehmer und einen weiteren Ansporn, sich dieser noch stärker und leichter als bisher zu entledigen, denn jetzt sind sie ja gut versorgt durch die (hoffentlich noch) arbeitenden Kinder.
Dass aber damit den Familien noch mehr Kaufkraft entzogen wird und der Konsum weiter sinken wird, liegt auf der Hand: Ein Familienvater, der 40 Stunden die Woche arbeiten gehen muss (und demnächst wahrscheinlich noch mehr) und dafür gerade mal genug Geld für die Versorgung seiner Frau und seiner Kinder verdient und der dann auch noch zusätzlich seinen arbeitslosen Vater und womöglich auch noch den arbeitslosen Schwiegervater versorgen darf, wird an anderer Stelle sparen müssen. Und das dürfte dann so ziemlich alles sein, was man nicht essen oder anziehen kann.
Wie sehr sich diese aufgezwungene Sparsamkeit wiederum auf die Wirtschaft und den Arbeitsmarkt auswirkt, sei dem geneigten Leser als Denkaufgabe überlassen.
WOLFGANG KLEIN33098 Paderborn

Artikel vom 30.09.2006