28.10.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 


Dem deutschen Nachwuchs eine Chance! Diese Forderung wird seit Jahren gestellt. Zu viele Legionäre blockieren bei fast allen Vereinen den Weg der eigenen Talente. Alle wissen das. Aber bei der Umsetzung dieser Personal-Korrektur handeln nur wenige Erstligisten.

Dortmunder Kurs

Borussia Dortmund war hier mal auf einem guten Weg. Allerdings nicht ganz freiwillig. Denn nur weil sie sich die Millionen-Männer nicht mehr leisten konnten, rückten Kräfte aus den eigenen Reihen verstärkt in das Aufgebot. Die waren willig, vor allem billig: Marc-Andre Kruska und Markus Brenzska, Uwe Hünemeier und David Odonkor. Mit Nuri Sahin stellte der BVB sogar den jüngsten Liga-Spieler aller Zeiten. Er war bei seiner Premiere am 6. August 2005 in Wolfsburg 16 Jahre und 355 Tage - und die Dortmunder mächtig stolz.
Aus, vorbei. Kommando zurück. Der neue Jugendstil war nur eine kurzfristige Modeerscheinung. Inzwischen sind die Borussen nämlich wieder flüssig. Und sie bedienen sich am internationalen Markt. Nelson Valdez, Tinga, Alexander Frei, Steven Pienaar - vier teuere »Neue« kamen im Sommer. Ausländer, die selbstverständlich erste Wahl sind. Sie kosteten ja schließlich viel Geld.
Die Kursänderung in Dortmund wurde endgültig klar, als sie mit Okdonkor einen WM-Teilnehmer ziehen ließen. Ein Mann, der seine Zukunft noch vor sich hat. Aber beim BVB setzen sie lieber auf das Konzept der Vergangenheit. Zusammengekaufte Mannschaften haben höchst selten harmoniert. Die Quittung wird bereits serviert: Borussia ist völlig neben der Spur.

Stuttgarter Weg

Das läuft in Stuttgart genau anders - und darum läuft es dort immer besser. Denn hier verfolgen die Verantwortlichen das bewährte Nachwuchs-Programm von vorgestern. Denn auch die Schwaben mussten einst sparen. Das waren die Jahre, in denen Trainer Felix Magath mit Kevin Kuranyi, Aleksandar Hleb, Andreas Hinkel und Philipp Lahm sogar die Champions League erreichte.
Diese Spieler sind inzwischen alle weg. Aus dem Talent-Schuppen anno 2002/2003 ist nur noch Torwart Timo Hildebrand dabei - und der zögert mit seiner Vertragsverlängerung. Egal. Soll er doch gehen. Den könnten sie beim VfB ebenfalls noch ersetzen.
Denn unter der Regie von Trainer Armin Veh spielt die verjüngte Truppe inzwischen einen erfrischenden und erfolgreichen Fußball. Die »jungen Wilden« werden sie bereits genannt. Gleich fünf Spieler aus den eigenen Reihen erhielten im Sommer Profi-Verträge. Das ist vorbildlich.

Frankfurter Schule

Ein Prädikat, das sich auch die Frankfurter verdienen. Sie sind in der Liga zwar bisher nur der »Meister« des Unentschiedens, haben hier immerhin schon sieben Punkteteilungen geschafft. Aber ganz entschieden verfolgen sie ihren Weg. Die Eintracht setzt auf junge deutsche Spieler, die zudem nach Möglichkeit noch aus dem Hessenland kommen sollten.
Dafür greifen sie auch schon mal etwas tiefer in die Tasche. Der Frankfurter Bub Michael Thurk, der wollte unbedingt bei seinem Lieblingsverein spielen. Also überwiesen sie ausnahmsweise eine dickere Ablöse nach Mainz - und Thurk durfte kommen.
Das Rezept ist ganz einfach. Mehr Identifikation mit dem Publikum durch den Einsatz von möglichst vielen einheimischen Kickern. Das lehrt die Frankfurter Schule, die auch bei anderen Vereinen »Schule« machen sollte.
Klaus Lükewille

Artikel vom 28.10.2006