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Die Weltmeisterschaft, sie ist nur noch ein Stück unvergessliche Fußball-Geschichte. Doch bei deutschen Stürmern zeigt sie Langzeitwirkung. Einer trifft immer besser, ein anderer immer seltener. Und junge Talente, die wollen unbedingt rein in diese zuletzt so großartig aufspielende Nationalmannschaft.

Volltreffer Hanke

Es war damals schon eine Überraschung, dass Bundestrainer Jürgen Klinsmann den Wolfsburger Mike Hanke nominierte. Der junge Mann reiste schließlich mit zwei Spiel-Sperren zur WM - und außerdem stürmte er in seinem Verein nicht besonders erfolgreich.
Das hat sich geändert. Gravierend. Wolfsburg Volltreffer heißt in diesen Tagen Hanke. Gleich drei Mal war er für das Tor des Tages verantwortlich. Beim 1:0 in Bochum, beim 1:0 gegen den HSV. Und beim 1:0 in der Pokalrunde gegen Freiburg. Alle Achtung.
Das sagt inzwischen sogar sein Trainer. Dabei hatte Klaus Augenthaler den Angreifer in den ersten Saisonwochen noch hart kritisiert. Typisch zynisch, das ging ins Auge: Hanke wäre noch von der WM kaputt, er hätte da ja immerhin 19 Minuten gespielt. Inzwischen beweist Hanke: Es war wohl doch kein Fehler, dass er im WM-Aufgebot gestanden hat.

Mitläufer Kuranyi

Strafraum-Konkurrent Kevin Kuranyi leidet dagegen immer noch, dass ihn Klinsmann einst im Mai aussortierte. Ein Karriere-Knick, der den Angreifer bis zum heutigen Tag aus der Bahn geworfen hat. Er trifft zu selten, er wurde sogar schon auf die Bank gesetzt. Beim FC Schalke 04 zählt er längst nicht mehr zu den umjubelten Publikums-Lieblingen. Im Gegenteil. Sie pfeifen ihn aus. Immer lauter. Gnadenlos.
Die »Frankfurter Allgemeine Zeitung« bezeichnete Kuranyi sogar schon als »Ritter von der traurigen Gestalt«. So stakst er inzwischen auch über den Platz. Bemüht, aber glücklos. Kein Zufall, dass ausgerechnet Kuranyi beim Schlager gegen die Bayern die Chance zum 3:0 verpasste.
Zwei Tore stehen nach elf Einsätzen auf seinem Konto. Viel zu wenig für einen, der so viel gekostet hat. Sieben Millionen Euro überwiesen die Schalker 2005 an den VfB Stuttgart. Die Kuranyi-Krise. In der Liga nur noch ein Mitläufer, in der Nationalmannschaft nicht mehr gefragt.

Nominierer Löw

Bundestrainer Joachim Löw hat keinen Grund, den Schalker in sein Aufgebot zurück zu holen. Da standen andere Namen auf der Liste, als er über die Nominierung des vierten Stürmers für die EM-Quali auf Zypern nachdachte. Zum Beispiel Mario Gomez vom VfB Stuttgart. Oder Stefan Kießling, der im Sommer aus Nürnberg zu Bayer Leverkusen wechselte.
Wenn es nach der Treffer-Quote dieser beiden Nachwuchsangreifer gegangen wäre, hätte Gomez berufen werden müssen. Der erzielte immerhin schon ein halbes Dutzend Tore für die Schwaben. Kießling, bereits vor der WM im erweiterten Kandidaten-Kreis, war dagegen für seinen neuen Arbeitgeber bisher nicht einmal erfolgreich. Ein Stürmer mit Zukunft bleibt er trotzdem. Wie Gomez. Doch beide müssen noch etwas Geduld haben, sie können sich erst 2007 wieder anbieten.
Löw entschied sich vor dem letzten Länderspiel des WM-Jahres erneut für Jan Schlaudraff. Pikant, pikant. Denn seine Premiere gegen Georgien verdrehte dem Aachener so den Kopf, dass er im Verein wegen »Egoismus« auffiel und für ein Spiel suspendiert wurde. Trotzdem steht er jetzt im DFB-Aufgebot. Eine etwas seltsame Bewährungs-Therapie.
Klaus Lükewille

Artikel vom 11.11.2006