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Die Brasilianer mit der Rücken-Nummer 10 - sind das unersetzliche Regisseure? In ihren besten Momenten bieten die Männer vom Zuckerhut Zauber-Fußball. Doch sie versüßen die Liga-Auftritte längst nicht immer. Manchmal stoßen sie ihren Vorgesetzten auch sauer auf. Dann können sich die Wege trennen. Drei Klubs, drei Spieler, drei Fälle.

Berliner Beispiel

Hertha BSC, das war lange Jahre der »FC Marcelinho«. Fast alles drehte sich immer nur um den Brasilianer. Von 2001 bis zum August 2006 stand der Mann, der den Ball tanzen ließ, in Berlin unter Vertrag. 155 Spiele, 65 Tore. Eine erstklassige Bilanz. Doch leider bekam er für seine Darbietungen auch nicht selten schlechtere Noten. Zuletzt immer häufiger. Denn wenn Marcelinho keinen Bock hatte, dann kickte oft auch die ganze Mannschaft miserabel.
Die totale Abhängigkeit von einem Spieler nervte Trainer Falko Götz und Manager Dieter Hoeneß immer mehr. Doch lange Zeit hielten sie trotzdem ihre schützende Hand über Marcelinho. Der durfte seine Star-Rolle ausleben, bis es den Hertha-Bossen im Sommer dann endgültig reichte.
Marcelinho wurde in die Türkei verkauft, inzwischen spricht in Berlin niemand mehr von ihm. Der Hauptdarsteller von gestern ist heute in der Hauptstadt kein Thema. Nur sein Friseur, bei dem sich der Brasilianer fast täglich die Haare neu färben ließ, der vermisst seinen besten Kunden. Die Mannschaft dagegen, sie hat den Verlust längst kompensiert. Hertha BSC ist die Nummer 5. Auch ohne die ehemalige, angeblich unverzichtbare Nummer 10.

Schalker Problem

Beim Spitzenreiter liefen in den vergangenen Wochen die gleichen Spielchen ab. Lincoln, der geniale Dirigent, er fiel verletzt aus. Und was passierte? Ohne ihn stürmte Schalke an die Spitze. Ohne ihn haben sie die letzten vier Partien gewonnen - und der Trainer hat ein so genanntes Luxus-Problem.
Mirko Slomka brachte seinen Brasilianer gegen den VfL Bochum nach der Pause. Da stand es schon 2:0, Schalke dominierte. Aber mit Lincoln nicht mehr. Fehlpässen folgten Pfiffe, die Note im Fachblatt »Kicker« lag nur bei 4,5. Nicht gerade eine Empfehlung für den nächsten Einsatz in Nürnberg.
Denn Slomka hat ja genau verfolgt, wie sich sein Mittelfeld ohne den Regisseur zuletzt immer besser einspielte. Die Abstimmung war nahezu perfekt. Bis Lincoln zurückkehrte. Keine Frage: Dieser Brasilianer ist an guten Tagen ein Traum-Fußballer, der Spiele allein entscheiden kann. Und der Trainer steht jetzt vor seiner schwierigsten Personal-Frage. Wie und wann passt die launische Nummer 10 in seine intakte Mannschaft?

Bremer Glücksfall

Der dritte Fall: Werder Bremen musste am vergangenen Wochenende auf seinen Regisseur verzichten. Diego saß eine Gelb-Sperre ab. Fünf Karten in 13 Spielen sprechen für großen Einsatz. Der Junge trickst nicht nur, der tritt oder meckert auch schon mal. Eine andere Zahlen-Bilanz des Brasilianers sagt alles über seine spielerischen Qualitäten: 6 Tore, 9 Vorlagen. In der Scorer-Liste des Oberhauses hat keiner mehr zu bieten.
Gegen Arminia Bielefeld reichte es bekanntlich auch ohne Diego. 3:0, locker rausgespielt. Doch selbstverständlich kehrt der »Zehner« an diesem Samstag in die erste Elf zurück, wenn Werder im Weserstadion Hertha erwartet.
Denn Diego ist das, was Kollege Marcelinho in Berlin einmal war - und Landsmann Lincoln bei den »Königsblauen« so schnell wie möglich wieder werden möchte.
Absolut unersetzlich.
Klaus Lükewille

Artikel vom 02.12.2006