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Das Unwort heißt Absteiger

Vor dem BBL-Start: Paderborn fühlt sich in Außenseiterrolle wohl

Von Elmar Neumann
Paderborn (WB). Seit 14 Jahren lebt Doug Spradley in Deutschland, ist der schwierigen Sprache dieses Landes natürlich längst mächtig. Nur ein Wort hat im Vokabular des Erfolgstrainers noch immer keinen Platz gefunden: Absteiger. Als solcher werden seine Paderborn Baskets vor dem Comeback in der höchsten deutschen Basketballliga (BBL) gehandelt.

Am Samstag um 20 Uhr wird der Aufsteiger im Dragons Dome zu Quakenbrück erwartet. Der Neuling gastiert beim Viertelfinalisten der vergangenen Saison. Aber nicht nur in dieser Partie scheinen die Rollen klar verteilt. »Jeder rechnet damit, dass wir auf die Nase fallen«, weiß Spradley und ist heiß darauf, das Unmögliche möglich zu machen: »Es wird mir viel Spaß bereiten, der Konkurrenz zu zeigen, dass wir viel besser sind als alle denken.«
Alle denken, was allein der Vergleich der Erstliga-Etats vermuten lassen könnte. Während Liga-Krösus ALBA Berlin sich selbst mit den aktuell 5,5 Millionen Euro nicht zufrieden gibt und das Budget bis 2010 um weitere 2,5 Millionen steigern will, bestritten die Paderborn Baskets einen dramatischen Wettlauf mit der Zeit, ehe der von der BBL geforderte Mindestetat von 1 Million Euro in trockenen Tüchern war.
Es sind wirtschaftliche Welten, die in ein und derselben Klasse aufeinandertreffen und sich natürlich auch in der Zusammensetzung des Kaders widerspiegeln: Die Albatrosse gingen auf die ganz große Einkaufstour, sicherten sich die spektakulären Dienste von drei Assen mit NBA-Erfahrung, derweil die Baskets nur hoffen können, erstligataugliche Akteure verpflichtet zu haben. Die beeindruckende Bilanz von zwölf Siegen in 13 Testspielen gibt allerdings Anlass zu (verhaltenem) Optimismus. Spradley, 1994 als Spieler mit Paderborn in die erste Liga aufgestiegen, ist sogar positiv überrascht: »Ich hätte nicht gedacht, dass wir so viele Spiele gewinnen würden. Letztlich zählt zwar nur, was wir am Samstag in Quakenbrück leisten, aber ich bin mit den Jungs sehr zufrieden. Die Mannschaft wächst von Einheit zu Einheit immer enger zusammen.«
Vor den vergangenen Zweitliga-Spielzeiten konnten es sich die seit dem 3. Dezember 2004 (!) in 50 Meisterschaftspartien ungeschlagenen Baskets erlauben, diese Mannschaft nur punktuell zu verstärken. Das hätte vor der Rückkehr in die erste Liga nun nicht mehr ausgereicht. Mit Kapitän Tim Black, Steve Esterkamp, Marius Nolte, Daniel Lieneke und Martin Duggen wurde ein meisterliches Quintett gehalten. In Person der Center Jordan Collins (North Carolina State University/USA) und Mark Patton (Marshall University/USA), des Guards Sergerio Gipson (Amsterdam/USA) sowie des Forwards Reggie Golson (Südzweitligist TV Lich/USA) ein US-Quartett hinzugefügt.
Einen größeren Kader ließ der überschaubare finanzielle Rahmen nicht zu. Allein der verletzte linke Oberschenkel von Tim Black war Argument genug, um noch einmal personell nachzulegen. Der Spielmacher wird drei Wochen fehlen und in diesem Zeitraum durch Lamar Hurd ersetzt. Der 22-Jährige befindet sich im Probetraining, sein Autogramm ist aber nur Formsache. »Tims Ausfall trifft uns hart. Mit ihm fehlt uns der Topscorer der vergangenen Jahre und ein Führungsspieler. Aber so ist der Sport. Es wird nicht das letzte Problem sein, das wir in dieser Saison lösen müssen«, bleibt Spradley gelassen.
Abgerechnet wird schließlich am Ende der zweiten Erstliga-Saison mit Paderborner Beteiligung und dann will der Baskets-Trainer alles sein, nur kein Absteiger.

Artikel vom 27.09.2006