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Expertenstreit
um Transrapid

Staatsanwalt: Langwierige Ermittlungen

Lathen (dpa). Die Aufklärung des verheerenden Transrapid-Unglücks im Emsland mit 23 Toten wird sich nach Angaben der Staatsanwaltschaft noch lange hinziehen.

Zunächst erhoffen sich die Ermittler von der Auswertung des Funkverkehrs zwischen Leitstand, Zug und Werkstattwagen während des Unfalls am vergangenen Freitag und durch die Vernehmung der Überlebenden Aufschlüsse über den Hergang der Tragödie. Auch Videoaufzeichnungen müssten noch analysiert werden. Es habe bereits erste Vernehmungen gegeben, sagte gestern der Sprecher der Staatsanwaltschaft Osnabrück, Alexander Retemeyer. Drei der zehn Verletzten konnten die Krankenhäuser verlassen.
Die beiden Fahrdienstleiter im Transrapid-Leitstand konnten noch nicht befragt werden, weil sie unter Schock stehen. Sie hätten nach einem Protokollbucheintrag und laut Daten eines Ortungssystems von dem Werkstattwagen auf der Strecke wissen müssen, gegen den am Freitagmorgen der Transrapid mit 31 Menschen an Bord prallte. Sie hätten der Staatsanwaltschaft zufolge dem Zug daher nicht »grünes Licht« geben dürfen. Retemeyer betonte aber , dass »die Ermittlungen in alle Richtungen« gehen. Zwar gebe es keine Hinweise auf ein technisches Versagen. Dennoch könne den Fahrdienstleitern nicht von vornherein die Schuld gegeben werden.
Der Gießener Verkehrsexperte Professor Gerd Aberle nannte unterdessen das Sicherheitskonzept der Teststrecke »antiquiert«. Wegen dieser »Nachlässigkeit« sei nun eine Grundsatzdiskussion zu erwarten, die für das Magnetschwebebahn-System »wahrscheinlich tödlich« sein dürfte. Das Unglück sei nicht typisch für diese Technik, widersprach der Berliner Transrapid-Experte Peter Mnich. Anders als im Normalbetrieb gebe es auf einer Teststrecke mehr personelle Verantwortung, um flexibler zu sein. Ein Unfall wie im Emsland wäre auch nach Überzeugung chinesischer Experten auf der bisher einzigen kommerziellen Strecke der Magnetschnellbahn in Schanghai nicht möglich. Der Transrapid würde dort sofort bremsen, wenn Gegenstände auf der Trasse lägen.
In München und Berlin begann unterdessen der politische Streit über die Zukunft der Technologie. CDU und SPD sind weiter für einen Bau der geplanten Magnetschwebebahn zum Münchner Flughafen, die Grünen fordern das Aus für das Projekt. Hans Eichel (SPD), Sprecher des Arbeitskreises »Transrapid«: Sollte die Strecke in Bayern nicht gebaut werden, sei die Magnetschwebebahn »als deutsches Produkt tot«.

Artikel vom 26.09.2006