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Die perfekte künstlerische Verschmelzung

Pahud und le Sage bei Pro Musica

Von Uta Jostwerner
Bielefeld (WB). Wirft man einen Blick auf die Biografien, dann hat jeder für sich in seiner Einzigartigkeit schon den Olymp erklommen. Stehen der Flötist Emmanuel Pahud und der Pianist Eric le Sage gemeinsam auf der Bühne, tritt eine künstlerische Verschmelzung ein, die die Illusion eines Geistes, eines Atems, ja eines Genies perfekt macht.

Beim ersten Pro Musica-Konzert der Saison konnte das Publikum in der vollbesetzten Oetkerhalle ob der leidenschaftliche Harmonie, der sensitiven Ausdrucksfähigkeit und technischen Perfektion der beiden Ausnahmekünstler nur so ins Schwärmen geraten. Beeindruckend und überraschend ungewöhnlich auch die stilistische Bandbreite, die das Duo hier einem Abonnentenpublikum »zumutete«.
Nun, der 1970 in Genf geborene Pahud, der mit 22 Jahren schlagartig als Soloflötist der Berliner Philharmoniker zum Shootingstar der Querflöte wurde, hat sich nicht nur als Virtuose, sondern auch als aufgeschlossener Klassikgrenzgänger und Experimentator einen Namen gemacht. Es ehrt Pahud, dass er seinen Publikumsbonus nutzt, um so ein avantgardistisch-experimentelles Stück wie »Voice« vorzustellen. Der japanische Komponist Toru Takemitsu (1930 - 1996) löste damit die Grenze zwischen Instrument und Körper quasi auf. Das verlangt dem Spieler neben experimentellen Spieltechniken auch den Einsatz der Stimme ab, was insgesamt zu einem urwüchsigen Gebrabbel führt.
Dazu gab's Crossover-Kompositionen des zeitgenössischen Komponisten Claude Bolling. Dessen Suiten stellen eine gelungene, wenn auch nicht mehr innovative Synthese von barocken Tanzsätzen und swingender Idiomatik dar. Und in ihrer gefühlsintensiven Durchdringung zeigte sich erstmals der harmonische Einklang von Pahuds schier endlos weitem Atem und Ausdrucksspektrum und le Sages Anschlagsbrillanz.
Raffiniert federnde Technik in Verbindung mit einer enorm differenzierten Tempo- und Dynamikgestaltung legte der Pianist auch bei Robert Schumanns »Papillons« zugrunde, was jede der Miniaturen zu einem klingenden Schatz machte. Als Duo reüssierten die beiden auch mit der klassischen Kammerkonzertliteratur: Francis Poulencs Sonatenkunst gewann in pointiert sprechender Klangrede Gestalt, und die für Flöte arrangierte Violinsonate von César Franck bestach in ihrer formalistilistischen wie emotionalen Durchdringung. Zwei großartige Klangmagier, die man erst nach zwei Zugaben ziehen ließ.

Artikel vom 25.09.2006