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Am Protesttag blieben 300
Arztpraxen geschlossen

Garbrecht (MdL/SPD) kritisiert Haltung der Mediziner


Bielefeld (MiS). Mehr als 7 000 Ärzte haben am Freitag in Berlin gegen die Gesundheitspolitik der Bundesregierung demonstriert, darunter auch zahlreiche Mediziner aus Bielefeld. Etwa 300 Praxen im Stadtgebiet seien geschlossen geblieben, erklärte Dr. Klaus Reinhardt, niedergelassener Internist und Vizepräsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe.
Die Ärzte forderten die Bundesregierung auf, die geplante Reform zurückzunehmen. Sie befürchten, dass das Gesundheitswesen zunehmend verstaatlicht werde. Außerdem halten sie die Krankenversicherung für unterfinanziert und verlangen mehr Geld für die von ihnen erbrachten Leistungen.
Reinhardt sagte, die Großveranstaltung in Berlin werde vorerst die letzte ihre Art bleiben. Der Protest werde vor Ort fortgesetzt. Sollte die Bundesregierung nicht einlenken, müsse mit längeren Praxisschließungen auch in Bielefeld gerechnet werden.
Kein Verständnis für den neuerlichen Ärzteprotest hat dagegen der Bielefelder Landtagsabgeordnete und Vorsitzende des Gesundheitsausschusses im Landtag, Günter Garbrecht (SPD). Das Einkommen der Ärzte liege im Vergleich mit anderen akademischen Berufsgruppen heute schon deutlich über dem Durchschnitt. Garbrecht weiter: »Hier stimmt die Verhältnismäßigkeit nicht mehr, und dem Wohl der Patienten dient der Ärzteprotest bestimmt nicht.« Die geplante Gesundheitsreform biete den niedergelassenen Ärzten auch eine Reihe von Vorteilen, unter anderem die Flexibilisierung der niederlassungsrechtlichen Bestimmungen oder die Beseitigung der Belastung bei der Versorgung älterer und chronisch kranker Menschen.
Ärzte-Vertreter Reinhardt ist dagegen der Auffassung, dass der Protest von den Patienten weiterhin mitgetragen werde: »Sie müssen fürchten, künftig deutlich schlechter versorgt zu werden.« Dazu könnten längere Wartezeiten auf einen Arzttermin gehören oder unflexible Gruppenpraxen, wie es sie in Schweden oder in den Niederlanden gebe.
Der Streiktag in Bielefeld verlief ohne größere Vorkommnisse. Der Notdienst war über die üblichen Notfallnummern zu erreichen, ein Fahrdienst zur Notfallpraxis an der Oelmühlenstraße eingerichtet. Die Notfallpraxis war bereits am Vormittag geöffnet.

Artikel vom 23.09.2006