26.09.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Elazar Benyoëtz

»Seine Wenigkeit zu erkennen ist wahrhaftig
keine Kleinigkeit.«

Leitartikel
Religionswege 2006 ff.

Enttäuscht, betrübt - ein bisschen dünn


Von Rolf Dressler
Selim Dogan ist ein junger Mann islamischen Glaubens und lebt im ostwestfälischen Steinhagen. Seine Eltern siedelten schon vor längerem nach Deutschland über, sie sind hier sesshaft geworden.
Gestern nun fasste Selim Dogan sich ein Herz und schrieb per E-Mail an das WESTFALEN-BLATT: Er hoffe inständig darauf, dass die Welle der heftigen Proteste aus der islamischen Welt gegen Papst Benedikt XVI. schon bald in einem Dialog-Frühling enden und die Religionen fortan in Frieden miteinander leben mögen.
Damit spricht Selim Dogan Milliarden Wohlmeinenden, friedfertig und versöhnlich ge- stimmten Menschen aller Kulturkreise und Glaubensbekenntnisse aus der Seele. Denn genau danach sehnen sie sich, seit der Jahrhundert- und Jahrtausendwechsel ihnen eine weitaus sicherere und lebenswertere Epoche zu verheißen schien, als es sie je zuvor gegeben hatte.
Nur leider türmen sich auf dem dornigen Weg dorthin noch immer gewaltige Hürden und Hindernisse auf, und wiederum sind sie von Menschen gemacht, nicht etwa von irgendwelchen ominösen Dunkelmächten, so heftig man darauf auch pochen und beharren mag.
Denn die Anzeichen für einen Kampf der Kulturen entspringen ja nicht einfach einer blühenden Phantasie. Vielmehr befinden sich die altüberlieferten, nach wie vor aber bestimmenden (staats)religiösen, kulturellen und (staats-) rechtlichen Vorstellungen des Islam leider noch immer auf Gegenkurs zum Christentum wie auch zu allen anderen nicht-islamischen Völkern und Glaubensbekenntnissen. Es ist daher schon vom An- satz her schwer genug, sich kon- kret einen wahrhaftigen und redlichen Dialog vorzustellen.
Sogar nach den Worten eines der profiliertesten französischen Gegenwartsschriftsteller arabischer Herkunft, Abdelwahab Meddeb (Jahrgang 1946) »wurde dem Islam die Gewalt einst bereits in die Wiege gelegt«. Zuvor also müsste der Islam für sich das voll- ziehen, was die christliche Seite in aller Klarheit getan hat, als sie Schuld und Verantwortung für die historisch unleugbare »Kriminalgeschichte des Christentums«, für Kreuzzüge, brutale Missionierung, Inquisition und andere Verbrechen vor der Welt offen bekannte.
Auch der Islam müsste jedweder Gewaltanwendung im Namen seiner Gottheit ein für allemal entsagen. Zudem dürften nach dem auf den Koran gegründeten Verständnis Toleranz und Barmherzigkeit nicht länger ausschließlich den im islamischen Sinne einzig »Rechtgläubigen«, sprich Moslems, vorbehalten sein.
Vor allem aber: Dialog, Verständigung und Versöhnung sind überhaupt erst dann möglich, wenn die Aufteilung der Menschheit in Korangläubige und »Ungläubige« ein Ende findet.
PS. Am vorigen Freitag wurden im islamisch geprägten Indonesien drei Christen hingerichtet. Der Vatikan war dem Vernehmen nach »betrübt« darüber, die Europäische Union zeigte sich »enttäuscht«. Ein bisschen wenig.

Artikel vom 26.09.2006