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Mutter legt Baby
in den Eisschrank

Gefängnisstrafe wegen Totschlags

Von Hubertus Hartmann
Geseke (WB). Das Baby war 52 Zentimeter groß und wog 3600 Gramm. Ein gesunder Junge - doch er durfte nur wenige Minuten leben. Die eigene Mutter packte das Baby unmittelbar nach der Geburt in den Gefrierschrank.

Ein Jahr lag der Leichnam in einem Badevorleger und einer gelben Einkaufstüte tiefgefroren zwischen Pizzen und Fertigmenüs, bevor die Polizei ihn nach einem Hinweis entdeckte. Am Freitag verurteilte das Paderborner Schwurgericht die 34-jährige Frau aus Geseke wegen Totschlags im Zustand erheblich verminderter Steuerungsfähigkeit zu viereinhalb Jahren Gefängnis.
Heidemarie M. (34) ist geschieden und erzieht ihren Sohn (12) und ihre Tochter (14) allein. Ein Kind von ihrem neuen Lebensgefährten ließ sie 2003 abtreiben. Als sie im Frühjahr 2004 von einem ihr völlig unbekannten Mann erneut schwanger wurde, verheimlichte sie die Schwangerschaft. Im November brachte sie das Baby in der Badewanne allein zur Welt.
»Ich bin ohnmächtig geworden, als ich wieder zu mir kam, lag das Kind tot im Wasser«, behauptete sie. Nach Feststellungen des Gerichtsmediziners Dr. Bernd Karger hat das Neugeborene allerdings geatmet und »mindestens zehn, wenn nicht gar 30 Minuten gelebt«. Es sei entweder ertränkt, erstickt oder lebend in den Eisschrank gelegt worden. Die Version der Angeklagten sei »völlig ausgeschlossen« und widerlegt.
Heidemarie M., der er eine gewisse Gefühlskälte bescheinigte, habe sich bei der Tat in einem »dissozialen Zustand« befunden und sich insgesamt mit ihrer Situation überfordert gefühlt, meinte der Paderborner Psychiater Dr. Horst Sanner. »Nach unserer Überzeugung hat sie ihr Kind vorsätzlich getötet«, sagte Richter Bernd Emminghaus. Heidemarie M. ließ keine Regung erkennen.

Artikel vom 23.09.2006