23.09.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Todesfahrt im Transrapid

23 Opfer - Menschliches Versagen vermutet - Schwierige Bergung

Meppen (Reuters/dpa). Vermutlich 23 Tote und 10 Schwerverletzte hat am Freitag der erste große Unfall eines Transrapid gefordert. Ein Testzug mit 31 Personen an Bord rammte auf der Versuchsstrecke im Emsland offenbar aufgrund menschlichen Versagens einen Werkstattwagen mit Tempo 170.
Betroffen schaut Angela Merkel neben Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff.

Der auf einem Magnetfeld schwebende führerlose Zug ohne Notbremse raste gegen 9.30 Uhr auf das Hindernis. Die beiden Angestellten auf der Arbeitsplattform sollen den Unfall schwer verletzt überlebt haben. Die Betreibergesellschaft schloss eine Technik-Panne aus und nannte menschliches Versagen als mögliche Unglücksursache. Bei den Opfern handelt es sich nach Polizeiangaben vor allem um Angehörige von Transrapid-Mitarbeitern aus dem Raum Nordhorn und Meppen sowie um Beschäftigte des RWE-Regionalcenters Nordhorn. Weitere drei Passagiere sollen Mitarbeiter eines Papenburger Pflegedienstes sein. Warum diese Gruppe von Menschen im Zug mitfuhr, war zunächst nicht bekannt.
Die Industrieanlagen Betriebsgesellschaft (IABG) als Betreiberin betonte, es habe sich nicht um eine Besucherfahrt, sondern um eine »Messfahrt« gehandelt.
Bundeskanzlerin Angela Merkel eilte zur Unfallstelle und sprach den Angehörigen der Opfer des Transrapid-Unglücks im Namen der Bundesregierung tiefes Beileid und Mitgefühl aus. »Ich habe mir ein Bild nach dem Unglück machen können«, sagte Merkel sichtlich erschüttert. Trotz des Unglücks am Freitag sieht sie die Transrapid-Technologie der Magnetschwebebahn aber nicht grundsätzlich in Frage gestellt. Nach jetzigem Kenntnisstand sei es eine »sichere Technologie«, sagte die Bundeskanzlerin bei einer Pressekonferenz am Unfallort im emsländischen Lathen.
Bundespräsident Horst Köhler sprach den Opfern und ihren Familien ebenfalls sein Mitgefühl aus. Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) brach sogar seine China-Reise ab. Der Minister hatte in Peking mit dem chinesischen Eisenbahnminister Liu Zhijun über eine Verlängerung der Transrapidstrecke in Schanghai verhandelt. Dort verkehrt die bislang weltweit einzige kommerzielle Transrapid-Verbindung, die auf 30 Kilometern den Flughafen mit dem Finanzdistrikt verbindet.
Am 11. August war in Schanghai in einem Bahnhof ein Waggon in Brand geraten. Die Passagiere konnten unverletzt in Sicherheit gebracht werden.
Die Bergung der Verletzten aus der auf Stelzen stehenden Bahn erwies sich am Freitag als schwierig. Das Wrack des Zuges selbst stand noch auf der Trasse. Der vordere Bereich der Bahn wurde total zerstört und hing in Teilen von der fünf Meter hohen Trasse herunter. Wrack- und Trümmerstücke wurden bis zu 300 Meter weit geschleudert.
Retter eilten in Hubschraubern und Krankenwagen an den Unfallort. Von Feuerwehr-Drehleitern aus versuchten sie, die in den Waggons eingeschlossenen Menschen zu erreichen. Seite 4: Hintergründe
und Kommentar

Artikel vom 23.09.2006