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Ferien wie auf dem »Immenhof«

Das Glück des Odinshofes liegt auf den Rücken von 60 Island-Pferden

Von Bernhard Hertlein
Theenhausen (WB). In den vergangenen 15 Jahren ist die Zahl landwirtschaftlicher Höfe in Nordrhein-Westfalen von 81 032 auf 51 161 zurückgegangen. Doch nicht überall ist Abgesang. In Theenhausen, einem Ortsteil von Werther nördlich von Biefeleld, wurde ein Hof sogar neu aufgemacht.

Schon der Name »Odinshof« deutet darauf hin, dass dieser Hof etwas Besonderes ist. Mähdrescher und Melkmaschine sucht man vergebens. Das Glück dieser Landwirtschaft liegt stattdessen auf dem Rücken von Islandpferden und vieler anderer Tiere wie Hunde, Katzen, Schildkröten, Fische und Vögel. Seinen Namen verdankt das Gehöft nur indirekt dem Hauptgott der nordischen Mythologie. Vielmehr trug einer der vielen Hunde, die hier in Theenhausen inzwischen eine Bleibe gefunden haben, diesen Namen. Der Vierbeiner führte sich auf, als wäre es sein Hof: Odins Hof.
Ein anderer, schon etwas älterer Schäferhund namens Arco gab den Anstoß, dass Regine Felsmann-Kraak und ihr Mann Hans-Udo überhaupt dort wohnen, wo heute der Odinshof Kinder und Erwachsene zum Reiten einlädt. Arco durfte nämlich nicht in die Mietwohnung seines Frauchens. Sofort nahmen die damalige Sparkassen-Auszubildende in Bielefeld und ihr sich im Lehrer-Referendariat befindlicher Ehemann die Suche nach einer Bleibe auf dem Land auf. Freunde machten sie auf den Hof in Theenhausen aufmerksam, der, 1837 gegründet, zuletzt als Nebenerwerbslandwirtschaft betrieben und schließlich ganz aufgegeben worden war. Bevor die Kraaks das Anwesen übernahmen, stand es in der Insolvenz und kurz vor einer Zwangsversteigerung.
Regine Felsmann-Kraak reitet seit ihrem sechsten Lebensjahr -ĂŠanfangs auch gegen den Willen ihrer Eltern. Irgendjemand empfahl ihr später die etwas kleineren, ausgeglichenen und gleichzeitig sehr robusten Island-Pferde. »Es war Liebe auf den ersten Blick«, erinnert sich Felsmann-Kraak. 1985 kaufte sie den ersten Wallach. Binnen eines Jahres folgten ein weiterer Wallach und zwei Stuten. Zu dem Zeitpunkt gab es nicht ein Mal einen Stall. Mit Unterstützung der Landwirtschaftskammer wurde der Bau auch im Landschaftsschutzgebiet genehmigt.
Die Isländer-Zucht ist bis heute eine wichtige Einnahmequelle des Odinshofes. Nach einem Tief Ende der neunziger Jahre ist sie jetzt auch wieder rentabel. Zudem bietet das Gestüt unter anderem Reitbeteiligungen und Pensionspferde-Haltung. Über das Internet werden selbst hergestellte Heilmittel wie Salben vermarktet.
Acht Mitarbeiter betreuen die insgesamt 60 Islandpferde. Ganzjährig werden spezialisierte Reitkurse angeboten, übrigens auch für Senioren und Behinderte. Eine »Immenhof«-Atmosphäre kommt in Theenhausen immer dann auf, wenn hier Kinder zu Reiterferien weilen. Bis zu zwölf finden gleichzeitig an Ostern, im Sommer und im Herbst Platz in den Kojen. Dabei bekommt Felsmann-Kraak sehr viel Lob auch für ihre Kochkünste. Zu den Höhepunkten gehören ein Erdbeerritt, ein Puddingritt (mit 15 unterschiedlichen Sorten in allen Regenbogen-Farben), ein Waldritt mit Waldbüffet und ein nächtlicher Sternenritt.
Unter dem Stichwort »Schlemmerritte« läuft ein ähnliches Programm auch für Erwachsene. Im Angebot sind unter anderem Vitamin-, Sahneschnitzel-, Spargel-, Grünkohl- oder Punsch-Reiten. Hinzu kommen Ausflüge etwa zum Wattreiten auf die Insel Neuwerk oder in die Lüneburger Heide. Und wer Geburtstag, Hochzeit oder Betriebsfest in schöner Landschaft feiern möchte: Auch dafür hat der Odinshof spezielle Programme vorbereitet.
Als wäre das Alles nicht genug, übernahm die Chefin vor gut zehn Jahren außerdem die 1912 gegründete, familieneigene Bielefelder Gebäudereinigung Felsmann mit 150 Beschäftigten. Seitdem profitiert der örtliche Tierverein: Für jeden Großauftrag spendet die Firma eine Jahrespatenschaft. Ab und zu übergibt Regine Felsmann-Kraak das Geld selbst. Selten kehrt sie dann ohne neuen Schützling in den Odinshof zurück.
www.odinshof.de

Artikel vom 23.09.2006