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Das System droht zu kollabieren

Deutscher Historikertag endet heute nach vier Tagen in Konstanz

Konstanz (dpa). Der 46. Deutsche Historikertag hat nach Einschätzung der Veranstalter die »Vitalität und Leistungsfähigkeit« der Geschichtswissenschaft in der Bundesrepublik gezeigt.

Das Leitthema »Geschichtsbilder« sei auf große Resonanz gestoßen, sagte der Vorsitzende des deutschen Historikerverbandes, Prof. Peter Funke, gestern in einer vorläufigen Bilanz. Der größte geisteswissenschaftliche Kongress in Europa mit etwa 3000 Teilnehmern geht heute nach vier Tagen in Konstanz zu Ende. Auf dem Programm standen 300 Vorträge über Themen von der Antike bis zur Gegenwart.
Bei den Diskussionen über das Thema »Geschichtsbilder« sei es um drei Dinge gegangen: die Auseinandersetzung mit Bildern als historische Quelle, das Entstehen von Geschichtsbildern im Kopf und die besondere Bedeutung der wachsenden Zahl an Film- und TV-Dokumentationen in der Mediengesellschaft. Dabei stießen bestimmte, vor allem auf hohe Quoten zielende Produktionstechniken auf Kritik bei einigen Historikern. Auch der meist nur wenige Sekunden lange Einsatz von Zeitzeugen wurde wegen der »Schnipselei« als manipulativ und daher problematisch bezeichnet. Der Kampf um die Deutungshoheit und Vermittlungskompetenz sei härter geworden, sagte Funke.
Der Münsteraner Althistoriker bekräftigte seine Kritik an der Studien- und Hochschulreform. Die Wissenschaftlichkeit der Historikerausbildung sei durch die weitgehend verschulten Bachelor- und Masterstudiengänge zunehmend gefährdet. Auch reichten die Lehrkapazitäten für diese sehr personalintensiven Studiengänge längst nicht aus. »Wir ersticken an der hohen Zahl der Studierenden.« Jede Lehrveranstaltung werde abgeprüft. In den nächsten Jahren müsse die Personalstruktur entsprechend verbessert werden, sonst werde das ganze Ausbildungssystem kollabieren.

Artikel vom 22.09.2006