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Polternde Chefs

Vor der Saison haben die Bayern noch vergleichsweise kleine Brötchen gebacken. Das bescheidene Ziel: Nur die Qualifikation für die Champions League. Dafür muss der deutsche Rekordmeister ja nicht einmal seinen Titel verteidigen, dazu genügt ihm auch Platz zwei.
In der aktuellen Saison in Europas Königsklasse haben sich die Münchner offenbar auch nicht viel ausgerechnet. Das Überstehen der Vorrunde - auf mehr wollten sie sich nicht festnageln lassen.
Aber natürlich waren diese ungewohnt leisen Töne nicht so ganz ernst zu nehmen, und nun ist es auch schon richtig laut geworden. Der FC Bayern hat die kleine Krise, die Chefs poltern los. Davon haben sie drei. Beckenbauer, Rummenigge, Hoeneß reden nicht dauernd mit einer Zunge. Sie leisten es sich, verschiedener Meinung zu sein. Doch dieses Mal eint die besorgten Herren ein flaues Gefühl: Wer schon in Bielefeld verliert, muss reichlich neben der Spur spielen.

Druck auf Magath

Der Ausrutscher und andere Alarmzeichen trieben das Trio auch in Richtung des Trainers. Felix Magath, der den Bayern 2005 und 2006 das Doppel-Double bescherte, ist ihnen zu weich und nachsichtig. Und von zurückgesetztem Erfolgsdruck in dieser Saison ist auf einmal nicht mehr die Rede. Die Bayern wollen schon die starken Bayern sein, die noch immer die Maßstäbe setzen in der Bundesliga und möglichst auch international.
Doch das ostwestfälische Stolper-Terrain hat sie böse in die Falle gelockt. Das Dreigestirn an der Clubspitze fürchtet wohl, dass die Mannschaft die Sache zu leicht nimmt und sich der Trainer besser nicht auch noch schützend vor sie stellt. Allerdings denkt Magath nicht daran, seinen Stil den Wünschen der Vorgesetzten anzupassen. Nun hofft er, dass ihm ein souveräner Sieg gegen Aufsteiger Aachen zur Hilfe kommt. Sonst hat er eine Weichei-Debatte am Hals.

Brisantes Nordderby

Geschwächelt wird auch anderswo. In Bremen beklagt WM-Torjäger Miroslav Klose seit Wochen verschiedene Beschwerden. Er ist momentan nicht einsatzfähig. Tim Borowski rennt seiner Form hinterher. Neuzugang Per Mertesacker konnte infolge Fersenoperation noch gar nicht spielen. Der Micoud-Nachfolger Diego erdribbelte sich direkt den Zorn von Torsten Frings. Hier bestehen unterschiedliche Auffassungen in der Spielweise.
Jetzt muss der Vizemeister zum Nordderby beim Hamburger SV antreten, dem es noch schlechter geht. Alle acht Pflichtspiele dieser durch Neubesetzungen und Verletzungen vollkommen verunsicherten Mannschaft endeten sieglos. Es wird daher am Samstag in der AOL-Arena nicht zu einem »Freundschaftsspiel« unter Nachbarn kommen. HSV kontra Werder, die brisanteste Partie des Spieltags.

Schalker Aufruhr

Mit einem Ruhmesblatt bedeckte sich auch der FC Schalke 04 nicht. Das hat nicht einmal sportliche Gründe. Es ist die »Verräter-Affäre«, die den Königsblauen zu schaffen machte. Gerald Asamoahs Trainerattacke wurde ausgeplaudert, der hehre Leitsatz, das alles in der Kabine bleiben muss, außer Kraft gesetzt. Ob sich die interne Lage weit genug entspannt hat, damit die Mannschaft den VfL Wolfsburg schlägt? Alle glauben nicht an eine gute Zukunft der Gelsenkirchener. Ex-Manager Rudi Assauer teilte seine Befürchtungen schon in einer Art verspäteten Abschiedsgruß der Bild-Zeitung mit: »Im Moment sieht es leider eher danach aus, als sei der Klub wieder auf dem Weg, der alte 'Popelverein' zu werden.«

Artikel vom 23.09.2006