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Naturparadies auf Seeschlamm

Bürgergemeinschaft hält den Untersee weiter für »wünschenswert«


Von Burgit Hörttrich
Bielefeld (WB). Von 2015 an soll ein kleines Natur- und Erholungsparadies entlang der Bahngleise in der Johannisbachaue entstehen - mit Rodelhang, Kletterfelsen, Mountainbikeparcours, Wegen und Raum etwa für Picknick, Ballspiele oder Drachensteigen. Bis dahin allerdings werden auf zehn Hektar dort zunächst Spülfelder für die Entschlammung des Obersees angelegt, anschließend eine Bodendeponie (von Ende 2008) an ihren Betrieb aufnehmen. Aus 650 000 Kubikmeter Boden und 150 000 Kubikmeter Schlamm soll im Laufe der Jahre das Gelände »modelliert« werden.
Höchste Erhebung: 18 Meter. Durch den Deponiebetrieb und die Annahme des Bodens (»sauber, nur aus Erdbaustellen in Bielefeld und dem Umland«) sollen die Sanierung des Obersees und die Entwicklung der Johannisbachaue finanziert werden. Die Einnahmen liegen - je nach Deponiegröße - zwischen 3,6 und 2,1 Millionen Euro. Es gäbe als Alternative auch eine Minimalvariante: die Einebnung der Spülfelder und die Abdeckung mit Mutterboden; Einnahmen: Null.
Die sechseinhalb Deponiejahre mit kalkulierten 72 LKW-Fahrten an 200 Betriebstagen pro Jahr treibt die Kommunalpolitiker genau so um wie die Pläne um die Aue selbst. Dort sollen im Rahmen eines Beweidungsprojektes von 2008 an maximal 18 Heckrinder, eine Rückzüchtung des ausgestorbenen Auerochsen, ganzjährig gehalten werden. Das Projekt kostet 1,9 Millionen Euro, würde, so das Umweltamt, den städtischen Haushalt aber nur vergleichsweise geringfügig belasten, weil dazu landwirtschaftliche Prämien beziehungsweise ein so genanntes Öko-Konto heran gezogen werden sollen.
Die Bürgergemeinschaft für Bielefeld (BfB) ließ sich gestern über die Pläne von Klaus Frank (Abteilungsleiter Umweltplanung) und dem städtischen Wasserbau-Experten Hans-Werner Ohse vor Ort informieren.
BfB-Ratsfraktionschef Ralf Schulze legt Wert darauf, die Johannisbachaue als Erholungsraum für Menschen zu erhalten. Seine Befürchtung: »Dass bei einer Beweidung mit Heckrindern der Mensch ausgeschlossen wird.« Für Gisela Upmeyer zu Belzen kämen - würde man auf Grünland statt landwirtschaftlich genutzter Flächen umstellen - nur im Ravensbergischen heimisches Rindvieh in Frage. Sie plädiert ohnedies dafür, die Flächen weiter als Acker zu nutzen.
Gedanken machen müsse man sich zudem, so Schulze, über die beste An- und Abfahrtstrecke für den Schwerlastverkehr. Im Prinzip aber unterstützte man das Entschlammungs- und Rekultivierungsprojekt, auch, »wenn es sich natürlich über viele Jahre hinziehen wird.« Der Bereich der Bodendeponie stehe einem nach wie vor wünschenswerten Untersee auch nicht im Wege.

Artikel vom 22.09.2006