28.09.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Was der Zahnarzt
nicht mehr braucht

Andreas Krummes Unternehmen recycelt Amalgam

Von Peter Monke
Bielefeld (WB). Die Erfolgsgeschichte der Firma »Medentex« fußt im Wesentlichen auf Silber, Zink, Kupfer und giftigem Quecksilber. Zusammengesetzt entsteht aus diesen vier Metallen Amalgam, Füllmaterial der meisten Karieslöcher.

Abfälle solcher und aller weiteren Zahnbehandlungen werden von dem Sennestädter Unternehmen entsorgt und wiederverwertet - im Fall von Amalgam ein Gesamtvolumen von etwa 30 Tonnen pro Jahr.
Als Andreas Krumme sein Unternehmen 1984 gründete, war der Begriff »Recycling« in Deutschland noch ein Fremdwort. »Auf die Idee haben mich einige sehr umweltfreundliche Zahnärzte gebracht, denen eine fachgerechte Entsorgung ihrer Abfälle fehlte«, erzählt der heutige »Medentex«-Geschäftsführer, der damals noch als Außendienstler Zahnarztpraxen mit allen notwendigen Gerätschaften ausstattete. Spritzen, Kanülen und Amalgamreste seien seinerzeit im normalen Müll, Fixierer und Entwickler von Röntgenaufnahmen im Abwasser gelandet. »Auf diese Weise gelangte das Quecksilber im Amalgam in den landwirtschaftlich genutzten Klärschlamm und damit direkt in die Nahrungskette.«
Heute kümmert sich »Medentex« um alle Abfälle, die in Zahnarztpraxen anfallen. Ein Stab von Mitarbeitern holt sie direkt beim Kunden ab. »Der größte Vorteil für die Mediziner liegt darin, dass wir nicht nur das Amalgam entsorgen, sondern auch Filtersiebe oder Abscheidertöpfe reinigen, desinfizieren und damit wiederverwertbar machen«, erläutert Krumme. Je nach Modell könne ein Bestandteil so bis zu 15 Mal benutzt werden - mit einer Kostenersparnis von durchschnittlich 60 Prozent bei jeder weiteren Nutzung im Vergleich zum Neupreis der Gerätschaften.
7000 feste Vertragspartner nutzen diesen Komplettservice bereits. 20 000 weitere Zahnärzte entsorgen über »Medentex« zumindest ihr Amalgam. Zusammen entspricht dies etwa der Hälfte aller in Deutschland niedergelassenen Zahnmediziner. »In acht Bundesländern sind wir aktuell Rahmenvertragspartner der Zahnärztekammern. Weltweit versuchen wir überall dort Fuß zu fassen, wo die Entsorgungstechnologie noch nicht so weit fortgeschritten ist wie in Deutschland, wo es bereits seit 1990 eine Amalgamabscheider-Verordnung gibt«, sagt Krumme. In der Schweiz, Italien und Frankreich ist »Medentex« bereits vertreten. Expansionen nach Süd- und Osteuropa sowie in die USA sind fest eingeplant.
Neben dem Recycling versucht das Unternehmen seit zwei Jahren auch im Dentalhandel Fuß zu fassen. »Wir konzentrieren uns dabei auf besonders beratungsintensive Produkte wie Saugmaschinen, Kompressoren, Wasseraufbereitungs- oder Entkeimungsanlagen - also all das, was der Zahnarzt im Keller stehen hat.« Neueste Entwicklung ist ein hauseigener Amalgamabscheider mit dem Namen »amalsed«. Anstelle der bisher meist üblichen Zentrifugaltechnologie, bei der die schweren Amalgamreste aus der abgesaugten Mundflüssigkeit herausgeschleudert werden, arbeitet das Gerät mit Sedimentation, bei der sich die schweren Amalgambestandteile langsam auf dem Boden des Auffangbehälters ablagern. Auch hier überzeugt vor allem der Preisvorteil: »Wir verzichten auf störungsanfällige und wartungsintensive Technik. Nach spätestens einem Jahr wird der Abscheider ausgetauscht und kostenlos entsorgt. Im Vergleich zu den teuersten Geräten auf dem Markt kann der Zahnarzt so bis zu 90 Prozent an Kosten einsparen.«
Praktisch sei zudem, durch den »amalsed« zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen zu können: »Wir verkaufen unseren eigenen Abscheider und kommen so automatisch an das Amalgam, das wir recyceln wollen«, sagt Krumme. Einziges Problem dieser Innovation sei, dass der Fachhandel kein großes Interesse an dessen Vertrieb zeige. »Denen ist unser Produkt wohl einfach zu billig.«

Artikel vom 28.09.2006