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»Etwas Einmaliges geschaffen«

Tom Korbus führt  größten deutschen kommerziellen Jugendreise-Veranstalter Ruf 

Von Edgar Fels
Bielefeld (WB). Mit acht Jahren hat Tom Korbus zum ersten Mal an einer Jugendreise teilgenommen, mit 14 »entdeckte« ihn der Pfarrer seiner Gemeinde bei Köln als talentierten Reiseleiter. Später richtete er für Freunde Segeltouren in Holland aus, als Student gründete er schließlich einen Verein für Reisen mit jungen Leuten.

Heute, 25 Jahre später, steht der 47-Jährige an der Spitze des größten kommerziellen deutschen Jugendreise-Veranstalters Ruf-Reisen. Eine Erfolgsgeschichte. »Natürlich bin ich stolz auf das Erreichte«, sagt Tom Korbus. »Wir haben etwas geschaffen, was es in Deutschland so sonst nicht gibt.« Allein in diesem Geschäftsjahr haben 60 000 Jugendliche mit dem Bielefelder Unternehmen ihren Urlaub verbracht, so viele wie nie zuvor.
Der Umsatz kletterte auf neue Rekordhöhen und dürfte am Ende des Geschäftsjahres (30. September) bei etwa 30 Millionen Euro liegen. So ganz zufrieden ist Korbus dennoch nicht. »Wir haben noch nicht genug erreicht«, sagt der Reiseprofi selbstkritisch. Korbus hält die Gesamtakzeptanz für Jugendreisen in der Gesellschaft nach wie vor für verbesserungswürdig. Gerade im Bereich »Reisen für Kinder« gebe es noch viel zu tun.
Tom Korbus, so erscheint es dem Außenstehenden, hat von seinem Elan aus der studentischen Sturm-und-Drang-Zeit nichts eingebüßt. Korbus will nach wie vor nicht einfach »nur Reisen« verkaufen. Der pädagogische Anspruch, sozusagen der Urgedanke, der am 28. November 1981 zur Gründung von Ruf führte, gehört für ihn nach wie vor zum Konzept.
Doch während es Ruf damals, in den 1980er Jahren, als eingetragener Verein darum ging, den jungen Leuten das bewusste Reisen zu lehren und einen Kontrapunkt zum Massentourismus zu setzen, macht heute das Schlagwort von der »inszenierenden Pädagogik« die Runde.
Den Jugendlichen soll eine »organisierte Freiheit« geboten werden, bei der sie spielerisch etwas lernen. »Fit für Future«, nennt Ruf die Strategie, die auch als eine Antwort auf die Pisa-Studie zu sehen sei. »Wir wollen keinen Nachhilfeunterricht geben, aber wir wollen neue Spielformate, die es in den USA bereits gibt, einführen.«
Als Beispiel nennt Korbus das Streitgespräch, bei dem die jungen Leute Argumentieren lernen. Aber auch Spiele wie nach dem Vorbild von Günter Jauchs »Wer wird Millionär« oder Theaterinszenierungen gehören dazu. »Wir müssen neue Formate erfinden«, fordert Korbus.
Zu den neuesten Angeboten von Ruf gehören Fußballcamps mit dem Partner Armina Bielefeld, Handballcamps mit dem TBV Lemgo und schon bald auch Reiter-Camps. Und seit drei Jahren richtet Ruf für die Zielgruppe der über 18-Jährigen Abireisen aus, in diesem Jahr mit immerhin 6500 Teilnehmern.
Die Zeiten, als Tom Korbus mit umgebauten und reparaturanfälligen Reisebussen, in denen man auch schlafen konnte, und einer überschaubaren Anzahl von Jugendlichen im Alter von 15, 16 Jahren, Anfang der 1980er Jahre zu Camps in die Toscana oder nach Irland mehr oder weniger einfach drauf losfuhr, sind lange vorbei. Mit dem Erlangen des Diploms 1985/86 stellte sich auch der Pädagogik- und Soziologiestudent Tom Korbus die Frage, »ob man davon leben kann«. Den Beteiligten, zu denen auch Mitgesellschafter Dr. Bernhard Porwol gehört, war schnell klar: »Wir dürfen keine jugendpflegerische Organisation mehr sein, sondern ein Reiseveranstalter.« Und: Es musste darum gehen, möglichst viele junge Reisende zu gewinnen.
1989 wurde das erste Reisebüro in Bielefeld eröffnet und Ruf wurde zur GmbH. »Alle drei Jahre haben wir unseren Umsatz verdoppelt«, sagt Korbus. 1987: 900 000 Mark. 1990: 1,8 Millionen Mark. 1996: 15,3 Millionen Mark. 2001/2002: 26,1 Millionen Euro. Heute steuert Ruf 60 Reiseziele in Europa und den USA an. Tom Korbus sieht für Ruf noch viel Potenzial. Seit 1981 hat er mit einem engagierten, stets wachsenden Team viel aufgebaut. Dass er dabei selbst älter geworden ist, merkt er am Dialog mit seinen Mitarbeitern. »Früher haben wir uns alle gedutzt. Heute sprechen mich sogar meine eigenen Mitarbeiter mit Sie an.«
Als junger Familienvater (seine Kinder sind drei Jahre und fünf Monate alt) zieht es Tom Korbus selbst derzeit weniger in die Ferne. Stattdessen macht er Urlaub im eigenen Land. »Ich stelle gerade fest, wie schön doch Deutschland ist.«

Artikel vom 28.09.2006