21.09.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Die giftgrüne Hydra beißt zurück

Beinahe-Minister Paul Kirchhof geißelt den alles verschlingenden Staat

Von Reinhard Brockmann
Bielefeld (WB). Die Hydra, das alles verschlingende vielköpfige Ungeheuer aus der Antike, hat ihren Herakles gefunden. Ein Professor tritt an, den Staat Mores zu lehren.
Professor Paul Kirchhof (63) lehrt in Heidelberg.

Paul Kirchhof, engster Berater von Angela Merkel im Bundestagswahlkampf 2005, nimmt den Kampf mit seiner schärfsten Waffe auf: Ein Buch in giftgrünem Einband mit dem Titel »Das Gesetz der Hydra«. Im Untertitel lässt der Beinahe-Superminister im geplanten Kabinett Merkel/Westerwelle erkennen, das sein Stoß ausnahmslos gegen alle Regierenden im Lande geführt wird. »Gebt den Bürgern ihren Staat zurück.«
Dabei sind es nicht Minister und gewählte Volksvertreter, sondern jene verborgenen Kräfte, die in Verbänden, Medien und auf vielfältige andere Weise das De-facto-Handeln des Staates beeinflussen, letztlich sogar lenken.
Schlugen in der Antike aufrechte Streiter dem Monster einen Kopf ab, wuchsen im zwei nach. Kirchhof sieht durchaus Vergleichbares: Wird hierzulande eine Subvention gestrichen, stehen schon vielfältige Konzepte bereit, den Steuerzahlern freiwerdende Gelder anderweitig vorzuenthalten.
Die Hydra gaukelt den Menschen eine Herrschaft allein der Vernunft, aber nicht der menschlichen Gegensätze vor. Sie tue so, schreibt Kirchhof, als sei absolute Gerechtigkeit möglich, aber in Wahrheit schaffe sie ein alles erstickendes Regelwerk. »Sie verspricht die besten Gesetze, wenn die lautesten Interessen dem Parlament die Feder führen.« Auch male die Hydra das alle Politiker verlockende Bild vom betreuungsbedürftigen Menschen, um sie letztlich zu bevormunden.
Kirchhof liefert in seiner bekannt bildreichen Sprache eine Fülle von schlagenden Beispielen. Die Hydra befiehlt das Beste, verspricht das Blaue vom Himmel, will alles vorschreiben und löst sich von ihrem Auftrag. Das ist das Hydra-Prinzip. Das einst nützliche Ungeheuer dient und beschützt nicht länger den Menschen, sondern macht sich seine Schutzbefohlenen untertan.
Auch tritt das stets hungrige und durstige Monster als Wohltäter auf. Solcherart verkleidet verspricht es Subventionen, Steuervergünstigungen und Privilegien. Haben die glücklich Beschenkten erst einmal angenommen und vom süßen Gift genascht, verdoppelt das Monster seine Köpfe.
1,5 Billionen Euro Staatsschulden sind kein schaurig schönes Ammenmärchen, sondern bittere Realität. »Der Kredit steht dem Staat als Finanzierungsinstrument nicht zur Verfügung«, doziert der Rechtsprofessor im bestechend aktuellen Schlusskapitel über »Die zwölf Schwerter des Herakles«. Weil unseren Kindern dieses Erbe nicht aufgebürdet werden dürfe, fordert Kirchhof rigorose Konsolidierung und schließlich ein Verschuldungsverbot für den gefräßigen Staat. Nur so könne das Monster aushungern.
Kirchhofs Buch ist seit heute auf dem Markt und am Sonntag Thema in der ARD-Sendung »Sabine Christiansen«.
Paul Kirchhof, Das Gesetz der Hydra, Gebt den Bürgern ihren Staat zurück, Verlag Droemer, 384 Seiten, 19,90 Euro.

Artikel vom 21.09.2006