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Von Michael Schläger

Bielefelder
Optik

Nicht durch den Rost fallen


Lange wurde um das Projekt gestritten und gerungen. Mal hinter den Kulissen und mal öffentlich. Es ging um Kompetenzen, es gab Vorbehalte und Animositäten. Weniger ging es um die, um die sich eigentlich alles drehen sollte: Junge Leute, die durch den Rost fallen, keinen Ausbildungsplatz, keine Beschäftigung finden. Jetzt hat das Rathaus erstmals ein Konzept vorgelegt, wie sie aus einer Hand betreut werden können. Ein überfälliges Konzept, wenn man sich die Zahlen verdeutlicht, die in der Diskussion um »JiB (Jugend in Berufshilfe) und Job«, so der Titel des Programms, auf den Tisch kamen.
Jedes Jahr verlassen 4000 junge Leute die Bielefelder Schulen. Nur die Hälfte von ihnen ist versorgt, hat eine Lehrstelle gefunden oder nimmt ein Studium auf. Die andere Hälfte muss wegen fehlender Alternativen ein zusätzliches Schuljahr in den Berufskollegs einschieben - oder ist noch nicht »ausbildungsfähig«, muss also in Praktika und Projekten erst auf das Arbeitsleben vorbereitet werden.
Doch auch danach ist nicht unbedingt eine Lehrstelle in Sicht. In der Verwaltung geht man davon aus, dass die Zahl der jungen Leute unter 25, die keinerlei berufliche Perspektive haben, in Bielefeld bei 7000 liegt. Man geht davon aus. Genaue Erhebungen gibt es nicht.
Noch eine Zahl: Alle Fördertöpfe zusammengerechnet, steht in Bielefeld die gewaltige Summe von 17 Millionen Euro zur Verfügung, um diese Menschen einzugliedern, sie in eine Ausbildung zu bringen. Das sind immerhin mehr als 2400 Euro pro Kopf und Jahr. Doch bisher wurde das Geld weitgehend unkoordiniert ausgegeben.
Bleibt zu hoffen, dass »JiB und Job« auch greift. Alle Schulabgänger sollen darin erfasst werden, Jobpässe sollen ausgegeben werden, in denen die Qualifikationen vermerkt sind. Und für sie soll es nur noch eine zentrale Anlaufstelle gaben, das »Jugendhaus«.
Die Papierform überzeugt. Doch ob es gelingt, so unterschiedliche Einrichtungen wie Schule, Sozialamt und Arbeitsagentur tatsächlich unter einen Hut zu bringen, muss abgewartet werden. Eigentlich sollte es in Zeiten zurückgehender Geburtenzahlen für die Region ein Glück sein, dass es hier überdurchschnittlich viele junge Menschen gibt. Und eigentlich können wir es uns gar nicht leisten, dass eine ganze Generation in Sachen Ausbildung auf der Strecke bleibt.

Artikel vom 23.09.2006