21.09.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Ur-Paderborner
2000 Jahre alt

Rätsel um »Balhorner Ötzi« gelöst

Von Rüdiger Kache (Text)
und Wolfram Brucks (Foto)
Paderborn (WV). Das Geheimnis seines offensichtlich gewaltsamen Todes hat der »Ötzi von Paderborn« mit in sein eilig geschaufeltes Grab genommen. 2000 Jahre später sind die Reste seines Skelettes eine Fundgrube für die Wissenschaft.

Die Schädelfragmente, Kiefer, Zähne und Oberschenkelknochen stammen von einem etwa 20- bis 30-jährigen Mann germanischen Ursprungs. Seine sterblichen Überreste waren bereits vor 17 Jahren bei Ausgrabungen in der als historische Fundgrube »Balhorn« bekannten Siedlung gefunden wurden.
Doch erst jetzt wurde im Zuge der Auswertungen der vielen hundert Fundstücke durch eine anthropologische Untersuchung der Universität Göttingen nachgewiesen, dass »Ötzi« vor ziemlich genau 2000 Jahren ums Leben kam und hastig kopfüber in einer Grube »entsorgt« wurde, wie Dr. Georg Eggenstein, Leiter der Ausgrabungen und Forschungen Balhorn, gestern bekannt gab. »Der Tote wurde nicht verbrannt, wie das zu dieser Zeit üblich war. Sein Schicksal ist ein Glücksfall für die Wissenschaft.« Denn die Datierung auf die Zeit unmittelbar nach Christi Geburt lasse Spekulationen zu, dass dieser Mann in den Wirren um die Varusschlacht bei Kalkriese (9 n. Chr.) oder in den unmittelbaren Folgejahren ums Leben kam.
Etwa 1400 Jahre lang war die Siedlung Balhorn mit einer Größe von 40 Hektar ein Zentralort von europäischem Rang mit einer herausragenden Lage an den wichtigsten Fernverkehrswegen des Mittelalters. »Die Ausgrabungen und das erreichte hohe wissenschaftliche Niveau der Aufarbeitung und Erforschung geben Anlass, Ergebnisse und Funde erstmals in einer Gesamtschau zu präsentieren«, kündigte Dr. Norbert Börste, Leiter des Historischen Museums im Marstall, an. Dort sollen vom 25. April bis zum 20. Juli 2008 auf über 800 Quadratmetern 1000 Exponate (darunter auch international bedeutende Leihgaben) in der Sonderschau »Eine Welt in Bewegung« zu sehen sein. Die Ausstellung wird in Kooperation mit dem Mainfränkischen Museum Würzburg gestaltet, das ab 12. August 2008 die Sonderausstellung zeigen wird.
In Verbindung mit elektronischen Medien und einer ausgefeilten Ausstellungsdidaktik können die Besucher eintauchen in das Leben des frühen Mittelalters und im Nachbau einer Straßenszene und in einem Haus selber auf Entdeckungsreise gehen.

Artikel vom 21.09.2006